Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 1. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1500 bis 1815. (3)

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er sie zur Teilung entließ. Das 1. Grenadierbataillon aber, das 
sog. Gardebataillon, wurde am 6. Mai bei Huy entwaffnet mit 
Ausnahme der Offiziere in Anerkennung ihrer pflichtgetreuen Hal- 
tung. Gleichzeitig wurde den Bataillonen anbefohlen, die Rädels- 
führer auszuliefern, widrigenfalls man sie dezimieren würde. Sechs 
Grenadiere und ein Tambour wurden herausgegeben, schwerlich 
dic einzig Schuldigen; klugerweise aber begnügte sich der Marschall 
mit diesen; sie wurden am selben Tage bei Huy erschossen. Das 
ganze Grenadierregiment wurde aufgelöst, seine Fahne, welche 
die Königin selbst mit dem Namenszuge des Königs und dem 
Rautenkranze gestickt hatte, öffentlich vor den Augen des Regiments 
verbrannt. Der General von Borstell, derselbe, der sich bei Groß- 
beeren und Dennewitz ausgezeichnet und das damals schon über- 
gehende 2. Grenadierbataillon entgegengenommen hatte, jetzt aber 
Chef des 2. preußischen Korps war, hatte den Befehl erhalten, 
diese Exekution zu vollziehen. Aus dem genannten Grunde emp- 
fand er die Maßregel als zu hart und weigerte sich ihrer, trotz 
wiederholten Befehles; an seiner Stelle kam General von Pirch dem 
Befehle nach, Borstell aber wurde vor ein Kriegsgericht gestellt 
und zu mehrjähriger Festungshaft verurteilt, jedoch 1816 schon 
wieder begnadigt. Die Kavallerie und Artillerie, die sich ja nicht 
an der Meuterei beteiligt hatten, wurden nach Maßgabe der könig- 
lichen Ordre in Neupreußen und Sachsen am 7. und 8. Mai 
geschieden, aber mit der Neuformation auf Ansuchen des Generals 
von Zezschwitz, der hierin wieder einem Wunsche seines königlichen 
Herrn entsprach, noch einige Zeit gezögert. Dann wurden die 
entwaffneten Bataillone unter militärischer Bedeckung über Wesel 
nach Magdeburg geführt und hatten unterwegs so schlimme Be- 
gegnungen, daß man schließlich die großen Heerstraßen meiden 
mußte. Welche Gefühle aber mußte nun auch diese böse Kata- 
strophe in Sachsen wachrufen! Während sonst über den Sieg bei 
Belle-Alliance, die Wiedereroberung von Paris und die auf- 
blühenden nationalen Aussichten Freude und Jubel herrschte, 
dachte man in Sachsen nur an die Trennung und sang das 
Lied eines sächsischen Tambours „O Vaterland, daß du zer- 
rissen bist! Wie sollt ich leben noch zu dieser Frist?“ Und
	        
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