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er sie zur Teilung entließ. Das 1. Grenadierbataillon aber, das
sog. Gardebataillon, wurde am 6. Mai bei Huy entwaffnet mit
Ausnahme der Offiziere in Anerkennung ihrer pflichtgetreuen Hal-
tung. Gleichzeitig wurde den Bataillonen anbefohlen, die Rädels-
führer auszuliefern, widrigenfalls man sie dezimieren würde. Sechs
Grenadiere und ein Tambour wurden herausgegeben, schwerlich
dic einzig Schuldigen; klugerweise aber begnügte sich der Marschall
mit diesen; sie wurden am selben Tage bei Huy erschossen. Das
ganze Grenadierregiment wurde aufgelöst, seine Fahne, welche
die Königin selbst mit dem Namenszuge des Königs und dem
Rautenkranze gestickt hatte, öffentlich vor den Augen des Regiments
verbrannt. Der General von Borstell, derselbe, der sich bei Groß-
beeren und Dennewitz ausgezeichnet und das damals schon über-
gehende 2. Grenadierbataillon entgegengenommen hatte, jetzt aber
Chef des 2. preußischen Korps war, hatte den Befehl erhalten,
diese Exekution zu vollziehen. Aus dem genannten Grunde emp-
fand er die Maßregel als zu hart und weigerte sich ihrer, trotz
wiederholten Befehles; an seiner Stelle kam General von Pirch dem
Befehle nach, Borstell aber wurde vor ein Kriegsgericht gestellt
und zu mehrjähriger Festungshaft verurteilt, jedoch 1816 schon
wieder begnadigt. Die Kavallerie und Artillerie, die sich ja nicht
an der Meuterei beteiligt hatten, wurden nach Maßgabe der könig-
lichen Ordre in Neupreußen und Sachsen am 7. und 8. Mai
geschieden, aber mit der Neuformation auf Ansuchen des Generals
von Zezschwitz, der hierin wieder einem Wunsche seines königlichen
Herrn entsprach, noch einige Zeit gezögert. Dann wurden die
entwaffneten Bataillone unter militärischer Bedeckung über Wesel
nach Magdeburg geführt und hatten unterwegs so schlimme Be-
gegnungen, daß man schließlich die großen Heerstraßen meiden
mußte. Welche Gefühle aber mußte nun auch diese böse Kata-
strophe in Sachsen wachrufen! Während sonst über den Sieg bei
Belle-Alliance, die Wiedereroberung von Paris und die auf-
blühenden nationalen Aussichten Freude und Jubel herrschte,
dachte man in Sachsen nur an die Trennung und sang das
Lied eines sächsischen Tambours „O Vaterland, daß du zer-
rissen bist! Wie sollt ich leben noch zu dieser Frist?“ Und