Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

— 88 — 
würfen zu bombardieren begann, so wurde schließlich ein Bataillon 
Schützen herbeigeholt, das, im Halbkreise aufgestellt, das Hotel 
deckte. Der Prinz, der jetzt erst vom Stande der Dinge unter- 
richtet worden war, befahl den Soldaten, die Menge zurück- 
zudrängen und ging wieder ins Hotel zurück. Auf die Mah- 
nung zum Auseinandergehen, die von den wenigsten wegen des 
Lärmes gehört sein mochte, antwortete die Menge mit Stein- 
würfen, worauf dann jedenfalls sehr übereilt die Schützen von 
zwei Seiten her eine Salve abgaben. Alle Welt war nun über- 
zeugt, daß der Prinz den Befehl zum Feuern gegeben hatte, 
obwohl dies den Tatsachen keineswegs entsprach. Deswegen 
verfolgten den von einer Abteilung berittener Kommunal= 
garde eskortierten Wagen des Prinzen bei seiner am nächsten 
Morgen erfolgenden Abreise Verwünschungen und Steinwürfe. 
Am 13. Aug. wurde im Stadtverordnetenkolleg eine Adresse 
an die Regierung vorgelegt, worin eine strenge Untersuchung des 
Falles ohne Ansehung der Person gefordert wurde; sie wurde 
dann durch eine Deputation des Rats und der Stadtverord- 
neten nach Dresden gesandt. Auch eine Volksversammlung tagte 
am 13. im Schützenhaus, wo Rob. Blum sich mit seiner mächtigen 
Stimme Gehör verschaffte und unter Zustimmung seiner Zuhörer 
die Notwendigkeit einer Sühne für das vergossene Blut betonte, 
aber nur auf dem Boden des Gesetzes. Und an der Spitze einer 
tausendköpfigen Menge nach dem Rathause gezogen, konnte er 
nach kurzer Verhandlung mit dem Rate vom Balkon den draußen 
Harrenden mitteilen, daß der Rat die Aufrechterhaltung der Ord- 
nung nur in die Hände der Kommunalgarde legen werde; die 
Entfernung der Garnison solle ebenso, wie die strenge Untersuchung 
der traurigen Angelegenheit bei der Regierung beantragt werden, 
und endlich solle das Begräbnis der Hingemordeten in keinerlei 
Weise von der Behörde gestört werden. 
Die Maßregeln der Regierung ließen Unparteilichkeit und 
Besonnenheit vermissen. Der von ihr abgeschickte Kommissar, der 
Geh. Rat von Langenn, brachte die Androhung der königlichen 
Ungnade mit und zum voraus die Versicherung, daß die Regierung 
die Haltung ihrer Organe vertreten werde. Daß man die Schützen-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.