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sich die Frankfurter Septemberereignisse, die sich als eine Nieder-
lage der Linken darstellten. Alsbald schlug die Stimmung der
sächsischen Radikalen um. Als nun gar das Reichskriegsmini-
sterium zufolge eines Parlamentsbeschlusses u. a. auch die säch-
sische Regierung aufforderte, zur Unterdrückung der in den thüringi-
schen Staaten ausgebrochenen Pöbelunruhen Militär zu entsenden
und dementsprechend das eigentlich für Schleswig-Holstein be-
stimmte Kontingent unter Generalmajor von Holtzendorff am
2. Okt. teils nach Altenburg, teils nach Weimar abging und in
dem angegebenen Sinne erfolgreich wirkte, da wollten die Radi-
kalen von der Reichsregierung nichts mehr wissen. In der zweiten
Kammer brachte die Linke im Namen der Freiheit der Einzel-
staaten einen Antrag auf Sistierung der Maßregel und auf einen
in Frankfurt zu erhebenden Protest ein, der allerdings abgelehnt
wurde. Dafür agitierte man in den Vaterlandsvereinen und
Volksversammlungen gegen das Nationalparlament und gab die
Devise aus „Lieber in Sachsen frei, als im einigen Deutschland
unfrei“! Und dementsprechend verlangte die Linke bei der Vor-
lage der Regierungserklärung vom 28. Aug. vor der zweiten
Kammer am 19. Okt., daß die zukünftige deutsche Reichsverfassung
vor ihrer Annahme in Sachsen erst den sächsischen Ständen vor-
gelegt werden müsse. Diese Vorgänge gaben die Veranlassung
zu einer Interpellation Biedermanns in Frankfurt, der entsprechend
ein Beschluß der Versammlung gefaßt und die sächsische Regie-
rung von Reichs wegen zur Zurücknahme der Erklärung vom
28. Aug. aufgefordert wurde. Die Antwort des leitenden Mi-
nisters von der Pfordten am 9. Nov. lautete negativ.
Die oppositionelle Haltung von der Pfordtens gegenüber
dem Frankfurter Parlament und der Reichsregierung erklärt sich
u. a. aus der Hoffnung, aus der Bedrängnis der thüringischen
Staaten für deren Unterordnung unter das albertinische Sachsen
Kapital schlagen zu können, da sich die Hände hierzu aus Alten-
burg, Weimar, Gotha, den Reußen von selbst entgegenstreckten;
man wollte sich dort lieber unter die sächsische Raute als unter
die Fänge des preußischen Adlers flüchten. Aber die Zusammen-
künfte höherer Staatsmänner zu Leipzig am 6. Aug. und 2. Sept.