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beamten usw. forderte? Von der Tragweite solcher Forderungen
hatten die wenigsten der neuen Abgeordneten, von denen sehr
viele nur die politische Bildung der Gasse oder der Gasthausversamm-
lungen besaßen, keine Ahnung. Dem entsprach auch der lärmende
Ton, mit dem sie etwa noch auftretende Gegner in den Kam-
mern unter der Mitwirkung der Galerien niederschrien, entsprach
der Mangel an jedem Anstandsgefühl, mit dem man der Regierung
und jedem politischen Gegner entgegentrat. Das Wort jenes gesin-
nungstüchtigen Landboten Jul. Kell in der 2. Kammer am 15. Febr.
1849: „Die Gründe der Regierung kenne ich nicht, aber ich muß sie
mißbilligen“, ist ja seit jener Zeit unsterblich geworden. Das
Ministerium, in das einst die Mehrheit des Volkes so schöne Hoff-
nungen gesetzt hatte, sah sich den unberechtigtsten Angriffen aus-
gesetzt und reichte, überdies in sich nicht einig und an seiner ferneren
Zulänglichkeit verzweifelnd, am 26. Jan. 1849 seine Entlassung
ein. Aber der König, der weder ein konservatives Ministerium zu
bilden wagte, noch auch begreiflicherweise Lust zu einem radikalen
Ministerium hatte, veranlaßte es, zu bleiben. Waren die Radikalen
durch den ersten Entschluß des Ministeriums doch etwas frappiert
gewesen, da sie nach seinem Weggange den Eintritt einer Reaktion
fürchteten, so waren sie jetzt nach der Rückkehr der alten Regierung
nur um so mehr obenauf.
Klarheit in die Situation zu bringen, war um so schwerer,
als sich zu der politischen Unreife der beiden nun im wesentlichen
demokratischen Kammern auch noch die Unklarheit der deutschen
Verhältnisse gesellte. Am 19. Jan. 1849 hatte die Frankfurter
Versammkung beschlossen, daß die Würde eines Reichsoberhauptes
einem deutschen Fürsten zu übertragen sei, der den Titel Kaiser
führe. Aber die von dem nunmehrigen Reichsminister von Gagern
und seiner Partei beantragte Erblichkeit der Kaiserkrone erfuhr
am gleichen Tage mit 258 Stimmen gegen 211 Stimmen Ab-
lehnung, vornehmlich, weil das sehr starke linke Zentrum das
absolute Veto des zukünftigen Kaisers nicht annahm und weil
fast sämtliche sächsischen Abgeordneten dagegen stimmten. Von diesen
hatte der früher erwähnte von Trützschler seinen Sitz in Frank-
furt mit einem in der Dresdener Kammer vertauscht, wo er nun