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mit Tzschirner zusammen der extremsten Linken angehörte. Am
20. Jan. debattierte die zweite Kammer in Dresden über die
Frage des Kaisertums in einer Weise, die, wie der Minister
von der Pfordten ganz richtig bemerkte, bei den Feinden Deutsch-
lands und seiner Einheit aufmerksames und beifälliges Gehör
finden würde. Freilich war auch er weit davon entfernt, dem
Einigungswerke, wie es sich nun in Frankfurt auszugestalten
anfing, Sympathie entgegenzubringen. Denn bei Osterreichs
diesem Werke immer deutlicher entgegengebrachten Feindseligkeit
war dessen Ausschluß schon seit dem Oktober und November des
verflossenen Jahres das Ziel der kleindeutschen Partei unter
Gagerns Führung. Das entsprach keineswegs den Absichten
Pfordtens, ebensowenig aber denen der Kammer, weil beide vor
einer Unterordnung unter Preußen, wenn auch aus verschiedenen
Gründen, zurückschauderten und in Osterreich den natürlichen Hort
dagegen erkannten. Dementsprechend verweigerte von der Pfordten
auch die Abberufung des in der Blumschen Sache schwer kom-
promittierten Gesandten Könneritz aus Wien, die von der zweiten
einstimmig, von der ersten Kammer mit großer Majorität ge-
fordert worden war.
Von der zweiten Kammer hatte mit Beziehung auf ihre
törichte und unnationale Haltung in der Kaiserfrage am 20. Jan.
eine Eingabe des Deutschen, also gemäßigt liberalen Vereins zu
Leipzig im Eingange gesagt: „Ist auch der souveräne Unverstand für
den Augenblick zur Herrschaft gelangt, so sind doch seine Tage gezählt.“
Diesem Satze verdankte die Volksvertretung die anmutige Bezeich-
nung, „die Unverstandskammer“, und sie bewies die Berechtigung
dieses Titels durch die Verhandlungen über die Annahme der sog.
Grundrechte. Am 28. Jan. 1849 hatte nämlich das Reichsministerium
kurz vor Beendung der ersten Lesung die nun endlich fertiggestellte
Reichsverfassung an die einzelnen Regierungen zu gutachtlicher
Außerung geschickt, damit man für die zweite Lesung gleich einen
festen Grund und Boden habe. Am Anfange der Reichsverfassung
standen die sog. Grundrechte, d. h. eine paragraphierte Erklärung
des notwendigsten Maßes von Rechten, die einem deutschen Staats-
bürger zukamen, also Preßfreiheit, Versammlungsfreiheit, Pe-