Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

— 125 — 
zu Dresden tagende Generalversammlung der Vaterlandsvereine 
sprach sich gegen die nachsichtige Haltung der Kammer aus und 
faßte eine Resolution an die Volksvertretung, daß dem gegen- 
wärtigen Ministerium kein Provisorium zu bewilligen sei, das schon 
bewilligte aber zurückgezogen werden sollte. Indem der Präsi- 
dent der ersten Kammer den Bericht des Finanzausschusses bis 
zum 30. April nicht auf die Tagesordnung setzte, bis zu welchem 
Tage gerade die erste Kammer am 8. März ihrerseits das Steuer- 
provisorium bewilligt hatte, wurde die Steuerbewilligung über 
den 30. April hinaus zur Unmöglichkeit. Es fragte sich nun 
nach allem Vorangegangenen, wer nun den Platz zu räumen habe, 
das Ministerium oder die Kammern. Der König entschied sich 
für das Letztere und noch am 30. April wurde das Auflösungs- 
dekret den beiden Kammern verkündet, die nun unter Hochrufen 
auf die Freiheit, auf die Einheit und die Reichsverfassung aus- 
einandergingen. 
Zugleich aber ging eine Anderung im Ministerium vor. 
Weinlig und von Ehrenstein waren für die Anerkennung der 
Reichsverfassung. Held, anfangs schwankend, trat auch auf ihre 
Seite und damit war der Bruch mit den Anschauungen von 
Beusts und Rabenhorsts gegeben, der die genannten Drei zum 
Austritte aus dem Ministerium veranlaßte. Als am 1. Moai der 
demokratische Vaterlandsverein, der sich aus den Vaterlands- 
vereinen am 22. April als am weitesten links stehend, abgesondert 
hatte, an der Spitze von etwa 500 Demonstranten vor das Justiz- 
ministerium rückte, um den dort versammelten Ministern die Er- 
klärung zu überreichen, daß sie die Reichsverfassung als zu Recht 
bestehend und jeden Versuch dagegen von oben her als revolutionär 
ansähen, teilte ihnen Held den soeben vollzogenen Austritt mit, 
und erwarb sich und den anderen ausscheidenden Kollegen damit 
einen billigen Abgangsapplaus. Diese Haltung der Links- 
radikalen erhielt aber ihr besonderes Relief durch die am 28. April 
erfolgte definitive Ablehnung der Reichsverfassung durch den König 
Friedrich Wilhelm IV., und durch den am 4. Mai von der Frank- 
furter Nationalversammlung angenommenen Antrag von Wyden- 
brugks an die Regierungen, die gesetzgebenden Körperschaften und
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.