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zu Dresden tagende Generalversammlung der Vaterlandsvereine
sprach sich gegen die nachsichtige Haltung der Kammer aus und
faßte eine Resolution an die Volksvertretung, daß dem gegen-
wärtigen Ministerium kein Provisorium zu bewilligen sei, das schon
bewilligte aber zurückgezogen werden sollte. Indem der Präsi-
dent der ersten Kammer den Bericht des Finanzausschusses bis
zum 30. April nicht auf die Tagesordnung setzte, bis zu welchem
Tage gerade die erste Kammer am 8. März ihrerseits das Steuer-
provisorium bewilligt hatte, wurde die Steuerbewilligung über
den 30. April hinaus zur Unmöglichkeit. Es fragte sich nun
nach allem Vorangegangenen, wer nun den Platz zu räumen habe,
das Ministerium oder die Kammern. Der König entschied sich
für das Letztere und noch am 30. April wurde das Auflösungs-
dekret den beiden Kammern verkündet, die nun unter Hochrufen
auf die Freiheit, auf die Einheit und die Reichsverfassung aus-
einandergingen.
Zugleich aber ging eine Anderung im Ministerium vor.
Weinlig und von Ehrenstein waren für die Anerkennung der
Reichsverfassung. Held, anfangs schwankend, trat auch auf ihre
Seite und damit war der Bruch mit den Anschauungen von
Beusts und Rabenhorsts gegeben, der die genannten Drei zum
Austritte aus dem Ministerium veranlaßte. Als am 1. Moai der
demokratische Vaterlandsverein, der sich aus den Vaterlands-
vereinen am 22. April als am weitesten links stehend, abgesondert
hatte, an der Spitze von etwa 500 Demonstranten vor das Justiz-
ministerium rückte, um den dort versammelten Ministern die Er-
klärung zu überreichen, daß sie die Reichsverfassung als zu Recht
bestehend und jeden Versuch dagegen von oben her als revolutionär
ansähen, teilte ihnen Held den soeben vollzogenen Austritt mit,
und erwarb sich und den anderen ausscheidenden Kollegen damit
einen billigen Abgangsapplaus. Diese Haltung der Links-
radikalen erhielt aber ihr besonderes Relief durch die am 28. April
erfolgte definitive Ablehnung der Reichsverfassung durch den König
Friedrich Wilhelm IV., und durch den am 4. Mai von der Frank-
furter Nationalversammlung angenommenen Antrag von Wyden-
brugks an die Regierungen, die gesetzgebenden Körperschaften und