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Wege erreicht werde. Ich gab Euch mein Wort, mitzuwirken für
Deutschlands Einheit. Ich habe es bis jetzt redlich gehalten und
werde ihm stets treu bleiben.“ Den König beseelte also durch-
aus der Gedanke, in UÜbereinstimmung mit anderen Fürsten ein
einiges Deutschland zu bilden, wenn er auch die Zuziehung Öster-
reichs zu diesem neugeeinten Reiche infolge der erwähnten Pro-
klamierung der Gesamtverfassung zu seinem Bedauern für un-
wahrscheinlich hielt. Als Kommissar entsandte er den Minister
von Beust nach Berlin. Die Verhandlungen in Berlin wurden
unter dem Vorsitze des bekannten Politikers Josef von Radowitz
mit großer Eile und Dringlichkeit betrieben, die sich nur dadurch
erklären ließ, daß Preußen so rasch als möglich ein fertiges Etwas
an der Hand haben wollte. Auf die sächsische Regierung wurde
insbesonders ein starker Druck durch die wiederholte Andeutung
ausgeübt, daß, wenn sie sich den Forderungen Preußens nicht
füge, letzteres sofort seine Truppen aus Sachsen zurückziehen und
ihr allein überlassen werde, zu sehen, wie sie mit ihren Rebellen
fertig werden könne. In § 1 des den Kommissaren Sachsens,
Bayerns und Hannovers vorgelegten Entwurfes hieß es, daß das
„Deutsche Reich“ aus denjenigen Staaten des deutschen Bundes
bestehen solle, welche die vereinbarte Reichsverfassung anerkennen
würden. Da hierin mittelbar der Gedanke ausgesprochen wurde,
daß es auch Bundesstaaten geben könne, die sich dieser Verfassung
und darum dem neuen Reiche nicht einfügen wollten, dies aber
auch ohne sie errichtet werden sollte, so erklärte Beust, nachdem
er am 18. ausdrücklich anerkannt hatte, daß Osterreich jetzt nicht
in der Lage sein werde, dem neuen Bundesstaate beizutreten,
am 23. Mai zu Protokoll, daß Sachsen zwar dem Bundesstaate
eine offene und ehrliche Mitwirkung widme, hierbei aber von
der Aussicht geleitet würde, daß derselbe, wenn nicht ganz Deutsch-
land, doch wenigstens alle deutschen Staaten, außer Osterreich,
und namentlich Bayern umfassen werde. Am 24. Mai waren
bei der erwähnten Geschwindigkeit des Verfahrens die Verhand-
lungen so weit gediehen, daß die Kommissarien das Ergebnis zur
Prüfung durch ihre heimischen Regierungen mit nach Hause nehmen
konnten. Bei den am 26. Mai gepflogenen Beratungen des