Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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Wege erreicht werde. Ich gab Euch mein Wort, mitzuwirken für 
Deutschlands Einheit. Ich habe es bis jetzt redlich gehalten und 
werde ihm stets treu bleiben.“ Den König beseelte also durch- 
aus der Gedanke, in UÜbereinstimmung mit anderen Fürsten ein 
einiges Deutschland zu bilden, wenn er auch die Zuziehung Öster- 
reichs zu diesem neugeeinten Reiche infolge der erwähnten Pro- 
klamierung der Gesamtverfassung zu seinem Bedauern für un- 
wahrscheinlich hielt. Als Kommissar entsandte er den Minister 
von Beust nach Berlin. Die Verhandlungen in Berlin wurden 
unter dem Vorsitze des bekannten Politikers Josef von Radowitz 
mit großer Eile und Dringlichkeit betrieben, die sich nur dadurch 
erklären ließ, daß Preußen so rasch als möglich ein fertiges Etwas 
an der Hand haben wollte. Auf die sächsische Regierung wurde 
insbesonders ein starker Druck durch die wiederholte Andeutung 
ausgeübt, daß, wenn sie sich den Forderungen Preußens nicht 
füge, letzteres sofort seine Truppen aus Sachsen zurückziehen und 
ihr allein überlassen werde, zu sehen, wie sie mit ihren Rebellen 
fertig werden könne. In § 1 des den Kommissaren Sachsens, 
Bayerns und Hannovers vorgelegten Entwurfes hieß es, daß das 
„Deutsche Reich“ aus denjenigen Staaten des deutschen Bundes 
bestehen solle, welche die vereinbarte Reichsverfassung anerkennen 
würden. Da hierin mittelbar der Gedanke ausgesprochen wurde, 
daß es auch Bundesstaaten geben könne, die sich dieser Verfassung 
und darum dem neuen Reiche nicht einfügen wollten, dies aber 
auch ohne sie errichtet werden sollte, so erklärte Beust, nachdem 
er am 18. ausdrücklich anerkannt hatte, daß Osterreich jetzt nicht 
in der Lage sein werde, dem neuen Bundesstaate beizutreten, 
am 23. Mai zu Protokoll, daß Sachsen zwar dem Bundesstaate 
eine offene und ehrliche Mitwirkung widme, hierbei aber von 
der Aussicht geleitet würde, daß derselbe, wenn nicht ganz Deutsch- 
land, doch wenigstens alle deutschen Staaten, außer Osterreich, 
und namentlich Bayern umfassen werde. Am 24. Mai waren 
bei der erwähnten Geschwindigkeit des Verfahrens die Verhand- 
lungen so weit gediehen, daß die Kommissarien das Ergebnis zur 
Prüfung durch ihre heimischen Regierungen mit nach Hause nehmen 
konnten. Bei den am 26. Mai gepflogenen Beratungen des
	        
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