Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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bis in die neueste Zeit Sachsen allein zur Last gelegt, ohne sich 
dabei zu sagen, daß Bayern und Hannover von den nämlichen 
Absichten geleitet wurden. Der eigentliche Grund des gescheiter- 
ten Unionsplanes ist aber in letzter Linie nicht sowohl in Sachsen 
oder Hannover oder in Bayern zu suchen, sondern in Preußen 
selbst, oder richtiger in dem Charakter Friedrich Wilhelms IV. 
In einer am 6. Sept. 1849 im Abgeordnetenhause gehaltenen 
Rede sagte der damalige Abgeordnete von Bismarck-Schönhausen 
mit Beziehung auf eine vorangegangene Erwähnung Friedrichs 
des Großen, der in seiner Art vielleicht die deutsche Frage ge- 
ordnet haben würde u. a.: „Oder es hätte ihm freigestanden, 
mit demselben Rechte, mit dem er Schlesien eroberte, nach Ab- 
lehnung der deutschen Kaiserkrone den Deutschen zu befehlen, 
welches ihre Verfassung sein sollte, auf die Gefahr hin, das 
Schwert in die Wagschale zu werfen. Das wäre eine nationale 
preußische Politik gewesen.“ Friedrich Wilhelm IV. hat aber in 
jenen Tagen selbst erklärt, er sei kein Friedrich der Große! Diese 
Beobachtung hat er nicht allein an sich gemacht; auch andere 
sind sich darüber klar gewesen und haben sich die Frage vor- 
gelegt, ob dieser haltlose, von einem Prinzipe zum anderen 
schwankende und unberechenbare Monarch das richtige Oberhaupt 
des deutschen Reiches sei. Kann man insbesondere in seiner 
Stellungnahme zur Kaiser= und Einheitsfrage irgend welche Konse- 
quenz entdecken? War es nicht eine die Zuschauer allerdings ver- 
blüffende Illustration dieser königlichen Unklarheit, wenn Rado- 
witz und die anderen preußischen Minister auf dem Erfurter 
Parlamente die Reichsverfassung anfangs befürworteten, um dann 
selbst gegen sie zu stimmen, nachdem sich der König einem von 
Mecklenburg-Strelitz ausgehenden Proteste gegen diese selbe Ver- 
fassung angeschlossen hatte? Und war etwa das Verhalten Preußens 
in der Angelegenheit Schleswig-Holsteins, das auch schon berührt 
worden ist, vertrauenerweckend? Außerdem wurde der richtige Zeit- 
punkt versäumt: nachdem preußische Waffen die sächsische, badische 
und teilweise auch die bayrische Regierung aus den Wirren der 
Revolution gerettet hatten, mußte dieses moralische wie tatsäch-
	        
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