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liche Übergewicht Preußens sofort zum Zwecke der Einigung aus-
genutzt werden. Es geschah aber nicht!
Daß die deutsche Frage auch auf dem am 26. Nov. 1849
eröffneten Landtage ihre Rolle spielte, ist schon erwähnt
worden. Namentlich trat in der ersten Kammer von Carlowitz
energisch für den Anschluß an Preußen in die Schranken, der
den damals noch verfrühten Wahlspruch mit immer neuen
Argumenten feurig verteidigte: „Mit Preußen und durch
Preußen zu Deutschland!“ und auf die verderblichen Wirkungen
der Kleinstaaterei und des Partikularismus hinwies. — Die Zu-
sammensetzung der Kammern basierte noch auf dem am 15. Nov.
1848 angenommenen Wahlgesetze; man sah trotz der schweren
Niederlage der demokratischen Partei eine große Anzahl derselben
unter ihren Mitgliedern, die noch größer gewesen wäre, wenn sich
die Demokratie nicht darauf versteift hätte, in den Wahlen die
infolge des Maiaufstandes Suspendierten, welche nach dem Ge-
setze nicht wählbar waren, durchzubringen. Da diesen mit Recht
der Zutritt zur Kammer versagt wurde, so mußten Nachwahlen
stattfinden, die vielfach konservativ ausfielen und in beiden Kam-
mern eine geringe konservative Mehrheit ergaben. Trotzdem
hatten die neuen Minister namentlich der zweiten Kammer gegen-
über einen schweren Stand. Außer Friesen war noch der Geh.
Rat Behr als Finanzminister hinzugetreten, während Beust neben
dem Ministerium des Außeren, wie seinerzeit von der Pfordten,
auch das Portefeuille des Kultus innehatte. Die am 8. Mai
veröffentlichte Verhängung des Belagerungszustandes vom 7. Mai
gab, weil sie nicht, wie das Gesetz es vorschrieb, erst nach
fünfzehn Tagen, sondern schon nach zwei Tagen in Kraft gesetzt
worden war, dem Abgeordneten der ersten Kammer von Watz-
dorf Gelegenheit, die Versetzung des Ministeriums in den An-
klagezustand wegen Verfassungsverletzung zu beantragen und ein
gleiches Schicksal forderte für sich der Minister von Friesen heraus,
als man seine Jagdverordnung vom 13. August beanstandete.
Doch kam es in beiden Fällen nicht zu diesem Äußersten. Die
Stellung der Kammern zur Regierung spitzte sich weiterhin zu
in der Frage, bis wann das Steuerprovisorium zu gewähren