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den Mut haben, wie das hannoversche Ministerium Scheele, diese
Männer davonzujagen? Mit dem Bettelsack müßten die Zwanzig
ohnehin zum Teil fremdher berufene, aus dem Lande marschieren!“
Unter diesen letztgenannten befanden sich Leute, wie Theodor
Mommsen, der schon aus Göttingen gewiesene Albrecht, der be-
kannte Nationalökonom Roscher, bis an seine Ende eine Größe
und Zierde der Leipziger Universität, der Archäologe Otto Jahn
und der Physiker Wilhelm Hankel. Andererseits ging, wie es
scheint, aus eben diesen Kreisen eine Flugschrift hervor, die solchen
Außerungen an wütender Erbitterung nichts nachgab. Sie führte
den Titel „Hassenpflug als Minister einer der besten und ehren-
haftesten, oder Sachsen und Hessen“. Das Schriftchen ist anonym
und nennt weislich weder Verlagsort noch Verleger, am Schlusse
nur eine fingierte Straßburger, damals also noch französische
Druckfirma. Der hessische Minister Hassenpflug stand nämlich
seinerzeit wegen Unterschlagung und Urkundenfälschung vor einer
Untersuchung. Was ist das bißchen Unterschleif und Fälschung,
meint nun der Verfasser, in dem ein handschriftlicher Vermerk
Heinrich von Treitschkes auf dem Titelblatt des Leipziger Stadt-
bibliothekexemplars Theodor Mommsen vermutet, gegen das, was
Beust in Sachsen getan hat? Gegen diesen ist, so ist der immer
wiederkehrende Grundgedanke, Hassenpflug ein Ehrenmann und
Heiliger.
Unter solchen Umständen traten die reaktivierten Stände
von 1848 am 15. Juli 1850 in Dresden zusammen; doch ver-
schob sich die Eröffnung noch bis zum 22. Juli. Die Thronrede
war taktvollerweise durchaus kühl und geschäftsmäßig abgefaßt
und wies nur auf die wenigen, in dem provisorischen Charakter
des Landtags liegenden Aufgaben hin: Erledigung der nötig-
sten Verfassungsänderungen, zu denen vor allem ein neues Wahl-
gesetz gehören sollte, und die durch Publizierung der Frankfurter
Grundgesetze notwendig gewordenen Umgestaltungen des bäuer-
lichen Lehnswesens und des geistlichen Zehnten. In den am
23. Juli stattfindenden Sitzungen der ersten und zweiten Kammer
stellten sich deren Präsidenten durchaus auf den Standpunkt der
Regierung. Das Ministerium verlangte aber außerdem noch eine