— 190 —
lösung und Wahlrecht mit ihm völlig übereinstimmte, doch nur
Zschinsky in der Kammer ernstlich Friesens Standpunkt verteidigen
half. Rabenhorst war von seinem Ressort zu sehr in Anspruch
genommen, und Behr, nebenbei eine ängstliche Natur, entbehrte
zu sehr der politischen Einsicht in die Lage; Beust aber ließ, ohne
daß er sich in direkten Gegensatz zu seinen Kollegen gestellt hätte,
in privater Unterhaltung mit einflußreichen Kammermitgliedern
und auch sonst durchblicken, daß es ihm persönlich schließlich nicht
so sehr darauf ankomme, ob das Ablösungs= und Wahlgesetz in
dieser Session noch durchgebracht würde. Solche Ansichten wurden
auch in den beiden vorerwähnten konservativen Blättern, der
„Fackel“ und der „Freimütigen Sachsenzeitung“, entwickelt. Nach-
dem noch ein längerer Kampf zwischen der zweiten und ersten
Kammer stattgefunden hatte, weil jene von den Entschädigungs-
ansprüchen dieser namhafte Abstriche machte, kam endlich ein Kom-
promiß zustande, wonach die Ritterschaft gegen eine einmalige
Barzahlung des 20 fachen Betrags der ihnen jährlich zufließenden
Einkünfte aus guts= und schutzherrlichem Verbande, aus Patri-
monialgerichtsbarkeit und gutsherrlicher Polizei und aus son-
stigen Privilegien die Ablösung anerkannte. Das Gesetz vom
15. Mai 1851 veröffentlichte das schließliche Ergebnis. Schon
einige Monate vorher war am 10. Febr. 1851 der den Geistlichen
und Lehrern zukommende Zehnte mit einer von den zum Zehnten
Verpflichteten zu übernehmenden jährlichen Rente von 120000
Talern auf 55 Jahre hinaus abgelöst worden, indem man den
Kapitalwert der bisherigen Leistungen auf 3 Millionen Taler
berechnete. Es wurde zwar vielfach behauptet, daß dieser Ansatz
zu niedrig gegriffen sei, und daß im Durchschnitt der einzelne
um ein Sechstel seines bisherigen Zehnteneinkommens geschädigt sei.
Abgesehen von der Fragwürdigkeit solcher Berechnungen ward die
Ablösung schließlich doch von beiden Teilen willkommen geheißen.
Durch einige Abänderungen im Volksschulgesetz wurde überdies den
Elementarlehrern eine nicht unerhebliche materielle Verbesserung
zuteil; freilich fühlte man sich in deren Kreisen durch die verschärfte
politische Aufsicht beengt.
Der Hauptzweck aber, um dessentwillen diese Kammer be-