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rend der letzten Jahre in wenig ersprießlicher Weise bemerklich
gemacht und namentlich in der politischen Krise sie den Schein
für das Sein hatte nehmen lassen. Ferner nahm wohl auch
kein vernünftiger Mann Anstoß an der Verordnung vom 11. Aug.
1851, durch die die sog. „freien Gemeinden“ Uhlichscher Provenienz
aufgelöst wurden; sie hatten unter Beiseiteschiebung ihres reli—
giösen Charakters durchaus eine politisch auflösende Richtung an-
genommen. Beusts persönliche Beziehungen hatten die Berufung
des durch sein mutiges Eintreten für den Protestantismus in
der bayrischen Kammer bekannt gewordenen Erlanger Professors
der Theologie, Adolf Harleß, 1845 an die Universität und
1847 an die Nikolaikirche zu Leipzig veranlaßt, und damit der
bis dahin verödeten Kirche einen Anziehungspunkt für viele
Hunderte positiv denkender Christen gegeben. An der Universität
wirkte Harleß in gleicher Richtung. Als dann 1849 der greise
Ammon mit 82 Jahren in den Ruhestand trat, wurde Harleß 1850
nach Dresden als Oberhofprediger und Vizepräsident des Kon-
sistoriums berufen. Hier entfaltete er eine ganz im Sinne Beusts ge-
haltene kirchenpolitische Tätigkeit, die auf die straffste Unterordnung
der Kirche unter den Staat abzielte und der früher angestrebten
Entwicklung der Gemeindeselbständigkeit entgegentrat. Harleß wurde
übrigens 1852 vom Könige Maximilian wieder nach Bayern als
Präsident des Oberkonsistoriums berufen. Seine Stelle in Leipzig
an der Nikolaikirche nahm seit 1851 in langjähriger tiefeingreifen-
der Wirksamkeit Joh. Friedr. Ahlfeld ein, ebenfalls ein Ver-
treter der streng lutherischen Richtung, die von der Regierung
auch an der Universität bevorzugt wurde. Es veranlaßte dieser
Umstand den Kirchenhistoriker Niedner, seine Stellung nieder-
zulegen. Überhaupt setzte Beust als Kultusminister im Sinne
der Karlsbader Beschlüsse ein, indem er wieder zu Vereins= und
Versammlungsverboten griff, den Kollegienzwang erneute und
das Institut des Regierungsbevollmächtigten wieder einführte.
Leider zeigten diese Maßregeln nicht immer den wünschenswerten
objektiven Charakter, sondern eine wenig vornehme Nachträglich-
keit, wie sic überhaupt in Beustschen Maßregeln oft zu erkennen
war. Der damals schon mit einem epochemachenden Werke über die