Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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dem Ministerium hatte von Beust dessen Portefeuille und von 
Falkenstein das Ministerium des Kultus übernommen, ein für 
dieses Fach ganz ausgezeichnet geeigneter Mann. Daß Beust 
den Friesenschen Entwürfen aus Rücksicht auf die Standesherren 
der ersten Kammer keine besondere Sympathie entgegenbrachte, 
wurde schon erwähnt. Unter seinem Einfluß hatte das Mini- 
sterium im Januar 1854 die Trennung von Verwaltung und 
Justiz in den unteren Instanzen aufgegeben; dagegen hatte man 
in den neuen Organisationsplan, der wesentlich wieder von Kohl- 
schütter bearbeitet worden war, mit der Schaffung der neuen 
Bezirksgerichte und Gerichtsämter die Aufhebung des Patrimonial-- 
gerichtsverfahrens wieder hervorsuchen müssen; man wollte durch 
die Bestallung der bisherigen Patrimonialgerichtsherren zu staat- 
lich fungierenden Friedensrichtern ihnen einen gewissen Ersatz 
für ihre bisher innegehabte Stellung einräumen. Dieser Teil 
der Vorlage stieß aber in der ersten Kammer auf den erbittertsten 
Widerstand, während ihn die zweite Kammer ohne Schwierigkeit 
angenommen hatte. Die erste Kammer beschloß nun mit 23 gegen 
17 Stimmen die Beibehaltung der Patrimonialgerichtsbarkeit. So 
stand Kammervotum gegen Kammervotum. Fürr einen solchen Fall 
schreibt § 131 der Verfassung ein Ausgleichsverfahren vor: beide 
Kammern ernennen aus ihrer Mitte eine gemeinschaftliche Depu- 
tation, die über den strittigen Gegenstand berät, worauf die beider- 
seitigen Mitglieder über das gewonnene Resultat an ihre Kam- 
mer berichten und es dann zur nochmaligen Beratung stellen. 
Da auch dieses Einigungsverfahren zu keinem Ergebnis führte, 
so machte die Regierung von dem § 92 der Verfassung Gebrauch, 
welcher besagt, daß in solchem Falle ein Gesetzesvorschlag nur 
dann als abgelehnt angesehen werden kann, wenn in einer der 
beiden Kammern wenigstens zwei Drittel der Anwesenden für 
die Verwerfung gestimmt haben. Da das erwähnte Stimmen- 
verhältnis von 23 zu 17 die Zweidrittelmajorität nicht ergab, 
so erklärte die Regierung das Gesetz über die Patrimonialgerichte 
für angenommen. Somit trat durch das Gesetz vom 11. Aug. 
1855 die neue Gerichtsorganisation ins Leben, trotzdem noch
	        
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