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mancher Widerstand versucht wurde und die Standesherren das
ihnen zugedachte Amt eines Friedensrichters grollend ablehnten.
Die Frage der Geschworenengerichte kam erst wieder auf
die Tagesordnung, als der deutsche Juristentag sich für seine
allgemeine Einführung ausgesprochen hatte. Ein darauf bezüg-
licher Antrag wurde zwar 1864 in der zweiten Kammer an-
genommen und fand bei der Regierung wenigstens keine prin-
zipielle Ablehnung, aber die erste Kammer beschloß, den Antrag
auf sich beruhen zu lassen. König Johann hatte dieser Frage
natürlich schon seit langer Zeit sein Interesse gewidmet; u. a.
war er im Februar 1854 nach Liegnitz gefahren, um an den
dortigen Schwurgerichtsverhandlungen als aufmerksamer Zuhörer
und Beobachter teilzunehmen. Er hat aus seinen Wahrnehmungen
und Studien über diesen Gegenstand sich nur insofern für Ge-
schworenengerichte, und zwar mit entsprechenden Modifikationen
erklärt, als durch sie der Rechtsschutz besonders gesichert bliebe.
Ein vornehmliches Interesse aber brachte der König der bürger-
lichen Gesetzgebung entgegen, die dem Lande ein einheitliches
bürgerliches Recht schenken sollte. Eine Kommission hierzu war
schon 1845 unter der Direktion des Ministers von Könneritz zu-
sammengetreten; sie bestand aus lauter angesehenen Juristen, dem
genannten Minister, dem Geheimrat von Langenn, dem Ober-
appellationsrat von Held und dem Appellationsrat von Weber.
Der aus ihren Beratungen hervorgegangene Entwurf wurde aber
durch die Entwicklung seit 1849/49 antiquiert und erfuhr auch
von einer so namhaften Autorität wie dem Leipziger Professor
von Wächter so abfällige Beurteilung, als er 1852 veröffent-
licht worden war, daß ihn die Regierung im Mai 1854 zurück-
zog. Eine neue Kommission, an der sich auch die thüringischen
Staaten und Anhalt-Dessau beteiligten, trat 1856 zusammen, und
deren Ergebnis wurde im November 1860 den Ständen vor-
gelegt und einstimmig angenommen. Die Rücksichtnahme aber
auf die damals in Aussicht genommene allgemeine deutsche Zivil-
prozeßordnung ließ das fertige Werk des sächsischen Zivilprozesses
aus der Feder des Geheimen Rats Marschner und damit auch
das Zivilrecht selbst noch einige Jahre unerledigt liegen. Erst
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