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hervorgetreten. Die Regierung Beusts war von diesen Vor—
gängen wenig angenehm berührt; er vergleicht den damaligen
Landtag in seinen Erinnerungen „mit dem parlamentarischen
Purgatorium von 1849“ und spricht mit sichtlicher Ironie von
dem Antrage eines schneidigen bäuerlichen Abgeordneten, daß die
Regierung für Herstellung einer deutschen Zentralgewalt mit Volks-
vertretung wirken möchte. Gemeint war damit der Abgeordnete
Riedel, der jenen Antrag am 17. Nov. 1860 stellte. Die zweite
Kammer trat dem Antrage einstimmig bei und verwies ihn ohne
weitere Debatte an einen Ausschuß, der sich jedoch mit seinem
Berichte nicht weniger als vier Monate Zeit nahm. Das gab
dann Beust zu einer Scherzfrage in der Kammer Veranlassung:
„Wenn ein Antrag auf Errichtung einer deutschen Zentralgewalt
vier Monate braucht, um bis zur Verhandlung in die Kammer
zu gelangen, wie lange braucht dann die Zentralgewalt, um ins
Leben zu treten?“
Die Verhandlungen über den vom Ausschuß fertiggestellten
Bericht waren am 16. und 17. Mai 1861 Gegenstand der De-
batten in der zweiten Kammer. Die Bundeskriegsreform war
um diese Zeit noch keinen Schritt weiter gediehen. Zwar waren
Verhandlungen zwischen dem österreichischen Feldmarschalleutnant
Grafen Huyn und dem preußischen Generalstabschef von Moltke
geführt worden und hatten über einheitlichere Ausrüstung und
Organisation zu einigen Resultaten geführt; aber in der Frage
des Oberbefehls war man sich nicht näher gekommen. Der Oster-
reicher empfahl anfangs eine Teilung des Oberkommandos unter
die Souveräne von Preußen und Österreich und einen dritten
Fürsten, der von den Bundesmächten zu erwählen sei. Nach
Ablehnung des Vorschlags wollte er die Teilung des Oberkom-
mandos an bestimmte Garantien für Osterreichs Besitzstand in Ober-
italien knüpfen: mit gleichem Erfolg. Somit zerschlugen sich die
Verhandlungen nach dreimonatiger Dauer im April. Als das
bekannt wurde, regte König Maximilian II. von Bayern die
Vereinigung der beiden süddeutschen Bundeskorps mit dem IX.
und X. Korps an, wobei der König von Württemberg ihm sekun-
dierte. Die Antwort König Wilhelms lautete wieder im Sinne