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Ausdrücken abgefaßtes Schreiben der Königin Augusta eingelaufen,
das um den Besuch des Königs in Baden-Baden bat. Am Nach-
mittag des 19. Aug. traf der König in Baden-Baden ein, während
sich die Ankunft König Wilhelms durch einen Besuch bei der
Königin-Witwe Elisabeth in Wildbad bis zum Abend verzögerte.
König Johann nahm es, wenn wir den Aufszeichnungen des da-
maligen Adjutanten des preußischen Königs, des Prinzen Kraft
zu Hohenlohe-Ingelfingen folgen, mit seiner Aufgabe so genau,
daß er dem König Wilhelm bis zur nächsten Poststation entgegen-
fuhr, worauf die fürstlichen Herrschaften den Abend noch bei der
Königin Augusta und deren zum Besuch weilenden Tochter, der
Großherzogin von Baden, verbrachten. Am folgenden Tage fand
dann eine eingehende Besprechung der Lage und des österreichischen
Verfassungsplanes statt, soweit dieser überhaupt bekannt war. Die
Hauptfrage hierbei war die Entscheidung über Krieg und Frieden,
die nach der Vorlage einem engeren Bundesrate von 21 Stimmen
überlassen war. König Wilhelm blieb mit Recht dabei bestehen,
daß er seine Armee nicht dem Beschlusse einer sich willkürlich und
zufällig zusammensetzenden Majorität unterstellen könne, nament-
lich da Osterreich immer wieder auf der Garantie seiner außer-
deutschen Besitzungen bestand; über kurz oder lang mußte ja um
den Besitz von Venetien ein Kampf mit Italien und dann wahr-
scheinlich auch mit Frankreich entbrennen. Vergeblich versuchte
König Johann diese Bedenken seines königlichen Freundes zu
zerstreunen. Immerhin war König Wilhelm nicht abgeneigt, doch
noch nach Frankfurt zu reisen. Eine Besprechung mit Bismarck
brachte ihn von dem Gedanken ab. Der Minister erklärte in
leidenschaftlicher Weise erregt, wie schon früher, daß er dann
seine Entlassung nehmen würde. Der König hingegen klagte:
„Dreißig Fürsten als Einlader, ein König als Kabinettskurier —
wie kann man da ablehnen?“ — Die Aufregung und die Nach-
wirkung der Karlsbader Kur brachten dem damals doch schon
66 Jahre zählenden Monarchen ein ernstliches Unwohlsein, so
daß er eine zweite Unterredung, die er mit König Johann aus-
gemacht hatte, in einigen, mit zitternder Hand geschriebenen Zeilen,
absagen mußte. „Gott segne Dich für Deine Freundschaft für