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Zunächst nahmen die rein politischen Interessen die öffent-
liche Meinung mehr in Anspruch, als die kirchlichen. Im No-
vember 1829 hatte „Die Biene“ eine „Adresse des sächsischen
Volkes“ an den König veröffentlicht, die unter Hinweis auf das
Beispiel Weimars, Bayerns und Württembergs auch für Sachsen
eine Anteilnahme des Volkes mittels einer konstitutionellen Ver-
fassung verlangte. Der Autor dieser Schrift war Albert von
Carlowitz, ein Vertreter der Ritterschaft, der freilich hier-
durch eine Ausnahme von seinen Standesgenossen machte; doch
stand er mit seiner Meinung nicht allein. Der Kammerherr
von Watzdorf auf Leichnam in der Lausitz ließ eine Broschüre
in Hof erscheinen, da ihr in Sachsen der Druck nicht gestattet
wurde, „Über die Notwendigkeit einer Veränderung der im König-
reiche Sachsen dermalen bestehenden ständischen Verfassung“. Den
infolge der Umstände hervortretenden oppositionellen Geist be-
merkte man vor allem an der Weigerung der Stände, die von
der Regierung geforderten Steuervorschläge auf länger als drei
Jahre zu bewilligen, und in dem Verlangen, daß dem Landtage
ein geordneter Haushaltungsplan vorgelegt werden sollte. Zu-
gleich wurde auch Protest erhoben gegen die trotz des erwähnten
Einspruchs der Stände von 1824 im Jahre 1827 erfolgte Ver-
öffentlichung der königlichen Mandate zugunsten der katholischen
Kirche. Die Regierung ging auf diese Forderungen nicht ein,
sondern vertagte am 8. Juli 1830 den Landtag bis zum
Januar 1832.
Nun aber machte sich das konfessionelle Bewußtsein im
ganzen Lande wiederum energisch geltend. Durch allerlei Gerüchte
hatte sich der Glaube festgesetzt, daß durch seinen Beichtvater, den
Jesuiten Gracchi, der König Anton zu dem Versprechen bewogen
worden sei, das Marcolinische Palais in Dresden-Friedrichstadt zur
Errichtung eines Jesuitenkollegiums herzugeben. Der allgemeine
Unwille sprach sich in einer, auch durch die Presse veröffentlichten
Bittschrift an den König um Aufklärung dieses Falles aus; aber
diese fand keine Berücksichtigung. Hierzu kam das Ungeschick und
die Liebedienerei der Magistrate von Leipzig und Dresden an-
läßlich der am 25. Juni 1830 begangenen Dreihundertjahrfeier