Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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liche Sache. Am 9. März hatte Graf Hohenthal den preußischen 
Ministerpräsidenten bei sich zu Gaste und gewann, wie er in 
einem Privatbriefe vom folgenden Tage Beust mitteilte, die Über- 
zeugung, daß Bismarck den Krieg wünsche und für unvermeid- 
lich halte. Es schloß sich daran, ohne Namennennung, die oben 
erwähnte Bleichrödersche Mitteilung als „aus zuverlässiger Quelle“ 
stammend. 
Jedenfalls trat die Frage, was bei einem wirklich ausbrechen- 
den Kriege zwischen den beiden Vormächten für die Mittelstaaten 
zu tun sei, nunmehr dringlicher hervor. Während König Johann 
wegen des Gesundheitszustandes seiner Tochter vom 16.—26. Febr. 
in München weilte, waren über diesen Gegenstand eingehende, 
aber ergebnislose Besprechungen geführt worden. Das Resultat 
seiner hierbei gesammelten Überlegungen faßte v. d. Pfordten 
am 27. Febr. in einer Note zusammen, die am 2. März in Dresden 
durch den bayrischen Gesandten übergeben wurde. Sie ist dadurch 
bemerkenswert, daß sie die einzig richtige, von praktisch-politischen 
Gesichtspunkten ausgehende Auffassung zeigt. Er führte darin 
aus, daß ein Krieg zwischen Preußen und Osterreich zwar dem 
Artikel XI] der Bundesverfassung widerspreche, der Feindselig- 
keiten zwischen den Bundesmitgliedern mit den Waffen aus- 
zutragen verbiete; auch dürfe dementsprechend kein anderes Bundes- 
mitglied mit einem der streitenden Teile ein Separatbündnis ab- 
schließen. Wenn aber — und das war die Hauptsache — trotz- 
dem ein Krieg ausbrechen solle, so habe der Bund aufgehört zu 
existieren und jeder einzelne deutsche Staat erlange seine Freiheit 
zum vollen beliebigen Gebrauch seiner Kräfte. 
Schon am 3. März antwortete Beust. Er gab den ersten 
Teil der Pfordtenschen Ausführungen ohne weiteres zu; er er- 
gänzte ihn nur dahin, daß Sachsen im Kriegsfalle von Preußen 
zum Bündnis aufgefordert — von Osterreichs eventueller Auf- 
forderung war keine Rede — natürlich ablehnen müsse; dann 
werde es von Preußen bedroht werden, und dann habe es natür- 
lich wegen seiner bundesrechtlich korrekten Haltung vollen An- 
spruch auf die Unterstützung der übrigen Bundesstaaten, namentlich 
Bayerns. Dagegen trat er zu dem zweiten Teile der Pfordten-
	        
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