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mäß dem ihm von Bismarck gewordenen Auftrage hinzu, die
geographische Lage von Sachsen sei so, daß sich Preußen ihm
gegenüber bei Artikeln der Bundesverfassung nicht aufhalten könne,
sondern nur seinen Interessen gemäß vorgehen müsse. Sachsen
solle bedenken, daß Preußen ihm viel mehr Schaden zufügen
könne als Osterreich, und sich darum beizeiten an Preußen an-
schließen. Beust antwortete am 6. April, daß Sachsen an dem
Bundesvertrage festhalten und unter allen Umständen seinen
Bundespflichten nachkommen werde. Ähnlich lauteten die Ant-
worten der anderen Regierungen. Beust aber hielt es bei der
drohenden Haltung Preußens für angezeigt, die Urlauber zu den
Fahnen zu berufen und Pferdeeinkäufe anzuordnen, Maßregeln,
die bei ihrer offenbar feindseligen Tendenz nur dann Sinn haben
konnten, wenn sich Sachsen an eine andere Macht anzulehnen
die Möglichkeit hatte. Diese Macht sollte nach Beusts Ansicht
zunächst Bayern sein. Aber v. d. Pfordten antwortete am 4. April
in dem schon früher (s. o. S. 360) charakterisierten Sinne.
Das Bündnis mit Italien wurde unter der besonders ein-
geholten Zustimmung Napoleons III. am 8. April abgeschlossen
und selbstverständlich zunächst ganz geheim gehalten. Es sollte
allerdings nur auf drei Monate Gültigkeit haben; wenn Preußen
innerhalb dieser zu den Waffen griff, sollte Italien auch gegen
OÖsterreich losschlagen. Frieden sollte nur so geschlossen werden,
daß Venedig an Italien fiele. Am Tage nach dem Abschlusse
dieses Vertrages, am 9. April, erging der Antrag Preußens
am Bundestag, daß ein auf der Grundlage des allgemeinen und
direkten Wahlrechts zu wählendes Parlament berufen und der
Tag bestimmt werden solle, an dem es zusammentreten werde.
Bismarck griff also, nachdem er noch vor wenigen Wochen die
sächsische Regierung der Hinneigung zur Demokratie geziehen hatte,
jetzt selbst zu einem revolutionären Mittel, das die Erinnerung
an das Jahr 1848 wachrief. Wenngleich man allenthalben an
der Ehrlichkeit seiner Absichten zweifelte, fanden doch viele Liberale,
daß man Bismarck dabei festhalten müsse, und die von Bieder-
mann in Leipzig herausgegebene „Deutsche Allgemeine Zeitung“
zeigte lebhafte Sympathie für die Bismarcksche Politik. Es hieß