Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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Man erwirkte von hier aus zunächst eine durch Bayern in 
Berlin verlangte Zusicherung, daß eine Verletzung des sächsischen 
Gebietes nicht beabsichtigt werde; hierauf antwortete Bismarck: 
Preußen werde sich jeder Feindseligkeit enthalten, solange die 
Osterreicher nicht in Sachsen einrücken würden. Zugleich griff 
man in Dresden wieder die holsteinische Frage auf. Gegenüber 
der Erklärung Bismarcks vom 27. April, daß er die Hinaus- 
schiebung der Parlamentsfrage als gleichbedeutend mit Ablehnung 
der Bundesreform betrachte, brachte die „Leipziger Zeitung“ am 
3. Mai einen Artikel „Zur Situation“, der betonte, daß der 
Bundesreform das Bundesrecht voranzugehen habe, indem 
man erst die holsteinische Frage bundesrechtlich lösen müsse. Am 
5. Mai beantragte die sächsische Regierung fernerhin in Frank- 
furt eine an Preußen zu richtende Interpellation über die Ab- 
sichten seiner Rüstungen unter Bezugnahme auf den Artikel XI 
der Bundesakte. Der Antrag wurde eine Zeitlang diskutiert, 
wobei Preußen den defensiven Charakter seiner Rüstungen be- 
tonte und jede gewalttätige Absicht gegen Sachsen in Abrede 
stellte. Dann wurde die Abstimmung auf den 9. Mai verschoben. 
Am 8. erfolgte der Befehl zur Mobilmachung der preußischen 
Armee. Unter dem Eindrucke dieser Nachricht unterstützte nament- 
lich Bayern den Antrag Sachsens, auch Hannover trat ihm bei, so 
daß er mit 10 gegen 5 Stimmen angenommen wurde. Hierbei 
gab der preußische Gesandte von Savigny die wenig überzeugende 
Erklärung ab: „Der sächsische Antrag drehe die wahren Ver- 
hältnisse geradezu um; Preußen werde von Osterreich und Sachsen 
bedroht, aber nicht Sachsen von Preußen. Es sei Pflicht des 
Bundes, Osterreich und Sachsen zur Abrüstung aufzufordern, aber 
nicht Preußen.“ 
Auf die Haltung Bayerns war von besonderem Einfluß die 
Rücksicht auf Kaiser Napoleon und seine bislang noch unaufgeklärten 
Absichten. Gelegentlich eines Aufenthaltes in Auxerre war er 
wieder auf die Hinfälligkeit der Verträge von 1815 zu sprechen 
gekommen und hatte dabei die Wendung gebraucht, daß er sie 
verabscheue, eine Wendung, die um so schwerer wog, als sie in 
dieser Schroffheit gar nicht geäußert, sondern erst nachträglich dem
	        
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