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Da dieser Marsch immer gestört wurde von den ebenfalls auf
dieser Straße den Rückzug nehmenden Parks der Nordarmee,
so gelangte der Kronprinz erst gegen 1 Uhr mit den Sachsen
in Pardubitz an, und das nach einem Tage, an dem die Truppen
vor Tau und Tag auf die Beine gekommen waren, schlecht ge-
rechnet, sieben Stunden im Kampfe gestanden und danach, das
Schlimmste von allem, die demoralisierenden Folgen einer ver-
lorenen Schlacht miterlebt hatten. Und trotzalledem ist allent-
halben, von befreundeter wie von Feindesseite übereinstimmend
das Urteil gefällt worden, daß die sächsische Disziplin sich von
Anfang bis zu Ende mustergültig gezeigt habe. Im preußischen
Generalstabswerk über den Feldzug von 1866 heißt es: „Wäh-
rend der allgemeinen Verwirrung und Auflösung, welche bei der
kaiserlichen Armee in wilde Flucht ausartete, bewahrten die säch-
sischen Truppen ihre Haltung und Ordnung.“ Noch anerkennender
und bedeutungsvoller drückt sich Moltke in einem bald nach der
Schlacht geschriebenen Briefe aus: „Daß die Sachsen sich überall
und besonders bei Problus ausgezeichnet geschlagen haben, das
wissen Sic — auch daß sie die einzigen waren, die in der großen
Entscheidungsschlacht nicht von dem panischen Schrecken ergriffen
wurden, der die Niederlage der Osterreicher in wilde Flucht ver-
wandelte. Eine geschlagene Armee, die dem Unvermeidlichen sich
fügend, ruhig und geordnet das Schlachtfeld verläßt, kann sich
dem Sieger fast ebenbürtig an die Seite stellen, und wollte Gott,
daß dies geschehe — und bald!“ — Doch soll der Gerechtigkeit
halber zu dieser Außerung, der noch nicht das gesamte Material
zur Verfügung stand, hinzugefügt werden, daß auch ein Teil
der dem Kommando des Kronprinzen von Sachsen beigeordneten
österreichischen Truppen sich wacker hielt, und daß der letzte helden-
mütige Widerstand gegen den siegreich andringenden Feind von
der österreichischen Artillerie geleistet wurde. —
Die nächsten Tage brachten dem sächsischen Hauptführer die
Freude, nach und nach den größten Teil seiner Truppen um
sich vereinigt zu sehen; am 6. Juli traf er mit dem von Norden
anrückenden Prinzen Georg in dem an der Eisenbahnlinie Prag-
Brünn liegenden Städtchen Zwittau zusammen, in dessen Nachbar-