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Schlafzimmer zurückzuziehen und hier löste sich das Weh über
eine im Werden zertrümmerte Schöpfung in einem erschütternden
Weinkrampfe. Aber danach fand er noch am selben Tage die Kraft,
die schon verlorene Position doch noch durch eine von politischer Weis-
heit erfüllte Denkschrift dem König gegenüber zu verteidigen. Die
am nächsten Tage darüber stattfindende Beratung mit dem Könige
ergab dasselbe negative Resultat. Dem in sein Zimmer zurück-
gekehrten, nunmehr an allem verzweifelnden Minister kam der
Kronprinz von Preußen zu Hilfe, und das gab dann nach noch-
maligem harten Kampfe zwischen Vater und Sohn den Aus-
schlag zugunsten von Bismarcks Aussicht. In einer kleinen halben
Stunde, die der Kronprinz mit den schlichten Worten charakkteri-
sierte: „Es hat schwer gehalten, aber mein Vater hat zugestimmt,“
entschied sich das Schicksal Sachsens. König Wilhelm hatte auf
das Ganze wie auf Teile Sachsens Verzicht geleistet und damit
dem Preußen die Bahn geebnet, das nach seinem Worte, als
er die Regentschaft 1858 antrat, vor allem moralische Eroberungen
machen sollte.
Es war noch ein anderer Punkt, den Beust neben der Integritär
Sachsens den österreichischen Unterhändlern für Nikolsburg ans
Herz gelegt hatte: der Zutritt zu einem, natürlich in Abhängig-
keit von Osterreich oder von Frankreich, zu bildenden süddeutschen
Bunde. Wenn Beust in einem Briefe an den Minister von
Falkenstein am 25. Juli diese sächsisch-süddeutsche Union als einen
„französischen Vorschlag“ bezeichnet, so ist das dahin zu präzi-
sieren, daß laut seinem Briefe an denselben Adressaten vom
23. Juli er selbst berichtet: Frankreich schlage vor, die preußischen
Reformvorschläge in der Weise anzunehmen, daß zwei gesonderte,
voneinander unabhängige und ganz selbständige Bundesstaaten,
ein norddeutscher und ein süddeutscher Bund, gebildet würden;
er, Beust, sei nun entschieden der Ansicht, daß Sachsen nur dem
letzteren, d. h. dem süddeutschen Bunde, beitreten könne; er habe
dem König geraten, hieran festzuhalten und auch in Paris er-
reicht, daß die französische Regierung dies unterstützen werde.
Man kann sich denken, welches Entsetzen dieses halb Beustsche,
halb Napoleonische Fündlein bei der in Sachsen zurückgelassenen