Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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Schlafzimmer zurückzuziehen und hier löste sich das Weh über 
eine im Werden zertrümmerte Schöpfung in einem erschütternden 
Weinkrampfe. Aber danach fand er noch am selben Tage die Kraft, 
die schon verlorene Position doch noch durch eine von politischer Weis- 
heit erfüllte Denkschrift dem König gegenüber zu verteidigen. Die 
am nächsten Tage darüber stattfindende Beratung mit dem Könige 
ergab dasselbe negative Resultat. Dem in sein Zimmer zurück- 
gekehrten, nunmehr an allem verzweifelnden Minister kam der 
Kronprinz von Preußen zu Hilfe, und das gab dann nach noch- 
maligem harten Kampfe zwischen Vater und Sohn den Aus- 
schlag zugunsten von Bismarcks Aussicht. In einer kleinen halben 
Stunde, die der Kronprinz mit den schlichten Worten charakkteri- 
sierte: „Es hat schwer gehalten, aber mein Vater hat zugestimmt,“ 
entschied sich das Schicksal Sachsens. König Wilhelm hatte auf 
das Ganze wie auf Teile Sachsens Verzicht geleistet und damit 
dem Preußen die Bahn geebnet, das nach seinem Worte, als 
er die Regentschaft 1858 antrat, vor allem moralische Eroberungen 
machen sollte. 
Es war noch ein anderer Punkt, den Beust neben der Integritär 
Sachsens den österreichischen Unterhändlern für Nikolsburg ans 
Herz gelegt hatte: der Zutritt zu einem, natürlich in Abhängig- 
keit von Osterreich oder von Frankreich, zu bildenden süddeutschen 
Bunde. Wenn Beust in einem Briefe an den Minister von 
Falkenstein am 25. Juli diese sächsisch-süddeutsche Union als einen 
„französischen Vorschlag“ bezeichnet, so ist das dahin zu präzi- 
sieren, daß laut seinem Briefe an denselben Adressaten vom 
23. Juli er selbst berichtet: Frankreich schlage vor, die preußischen 
Reformvorschläge in der Weise anzunehmen, daß zwei gesonderte, 
voneinander unabhängige und ganz selbständige Bundesstaaten, 
ein norddeutscher und ein süddeutscher Bund, gebildet würden; 
er, Beust, sei nun entschieden der Ansicht, daß Sachsen nur dem 
letzteren, d. h. dem süddeutschen Bunde, beitreten könne; er habe 
dem König geraten, hieran festzuhalten und auch in Paris er- 
reicht, daß die französische Regierung dies unterstützen werde. 
Man kann sich denken, welches Entsetzen dieses halb Beustsche, 
halb Napoleonische Fündlein bei der in Sachsen zurückgelassenen
	        
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