Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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solche Stimmung war wohl die Proklamation berechnet, die am 
19. Juni zum Anschlag kommen sollte und zu diesem Zwecke dem 
Polizeidirektor Schwauß eingehändigt wurde: „Sachsen! Ich rücke 
in euer Land ein; nicht aber als euer Feind, denn ich weiß, daß 
eure Sympathien nicht zusammenfallen mit den Bestrebungen 
eurer Regierung. Sie ist es gewesen, die nicht eher geruht hat, 
als bis aus dem Bündnis von Osterreich und Preußen die Feind- 
schaft beider entstand; sie allein ist die Veranlassung, daß 
euer schönes Land zunächst der Schauplatz des Krieges werden 
wird. Aber meine Truppen werden euch in demselben Maße 
als Freunde, gleichwie Einwohner unseres eigenen Landes be- 
handeln, als ihr uns entgegenkommen und bereit sein werdet, 
die nicht zu vermeidenden Leiden des Krieges zu tragen“ usw. 
Diese Proklamation anschlagen zu lassen, weigerte sich Polizei- 
direktor Schwauß, und als sie darauf von dem preußischen Gou- 
vernement an verschiedenen Stellen der Stadt zum Anschlag ge- 
bracht worden war, fand man sie am anderen Morgen allent- 
halben abgerissen. Ein erneuter Anschlag erfuhr dasselbe Schicksal, 
so daß man dann von weiteren Versuchen absah. Genau so 
erging es in Leipzig. In dies Kapitel gehört vor allem auch 
die Maßregelung der offiziösen Presse und der den sächsischen 
Standpunkt weiterhin vertretenden Blätter. Ferner war es eine 
entschieden feindselige Handlung, wenn plötzlich am 25. Juni 
durch den neuen Militärgouverneur von Sachsen, den General- 
leutnant v. d. Mülbe, der Kriegszustand für ganz Sachsen er- 
klärt wurde. Auch das Verlangen der Ausschreibung zu den 
Wahlen zum deutschen Parlamente war bei der zweifellosen Un- 
tunlichkeit der Forderung und der Zwecklosigkeit der ganzen Sache 
nichts als eine gewöhnliche Schikane. Es schloß sich am 28. Junie 
daran die Forderung, daß der Geh. Min.-Rat Häpe vom Mi- 
nisterium des Innern, der Polizeidirektor Schwauß und der Polizei- 
inspektor Pickart binnen 24 Stunden das Land zu verlassen hätten, 
widrigenfalls sie als „Spione“ behandelt werden würden. Es wurde 
das auch trotz des Protestes der Landeskommission durchgeführt. 
Die Haltung der Bevölkerung, namentlich in Dresden, ent- 
sprach durchaus den gegebenen Verhältnissen. Man vermied ge-
	        
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