Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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Bunde, der unter Preußens Leitung sich bildet, und allen ein- 
gegangenen Verpflichtungen dieselbe Treue zu bewahren, die Ich 
dem alten Bunde gehalten habe, so wird es nun unsere gemein- 
same Aufgabe sein, diesen neu sich bildenden Verhältnissen mit 
frischem Mute, mit Offenheit und mit aller Redlichkeit entgegen- 
zukommen.“ — Die erste Kammer trat dem Friedensvertrag und 
dem neuen Wehrgesetz nach preußischem Muster fast ohne De- 
batte bei. Die zweite Kammer benutzte die Debatte über die 
Vorlage zu einer Kritik der Politik dieses Jahres und sprach 
vor allem die Überzeugung aus, daß der Norddeutsche Bund 
nicht die letzte Krystallisationssorm der deutschen Einheit sein 
werde. — — 
Bei der Abschiedsaudienz, die die sächsischen Unterhändler 
am 22. Okt. nachmittags 2 Uhr bei dem Könige von Preußen 
gehabt hatten, hatte sich König Wilhelm in warmer Weise über 
sein früheres freundschaftliches Verhältnis zu König Johann aus- 
ausgesprochen, namentlich werde er nie „die edle und wahrhaft 
königliche Weise“ vergessen, in der König Johann zur Zeit des 
Frankfurter Fürstentages zu vermitteln versucht hätte. Auch über 
die sächsische Armee sprach er sich Fabrice gegenüber mit Achtung 
aus und fügte scherzend hinzu: „Sie haben nur zu gut ge- 
schossen und uns nur zu vielen Schaden zugefügt.“ — Solche 
Außerungen deuteten klar darauf hin, daß es König Wilhelm 
an einer Wiederaufnahme der alten persönlichen Beziehungen lag, 
und auch König Johann empfand den gleichen Wunsch und teilte 
ihn bald nach seiner Rückkehr nach Sachsen Friesen mit; er 
wollte zusammen mit dem Kronprinzen dem Könige von Preußen 
in Berlin einen Besuch abstatten. Natürlich sand Friesen diesen 
Entschluß äußerst beifallswert, nur bat er den König, seine Reise 
so lange aufzuschieben, bis die 9 Millionen Taler Kriegsentschädi- 
gung an Preußen abbezahlt seien, damit auf den großherzigen 
Entschluß des Königs auch nicht der leiseste Schatten der Ab- 
hängigkeit fallen möchte. Nach den mit Preußen getroffenen Ver- 
einbarungen sollte jene Entschädigung in drei Zahlungsterminen 
bis zum 30. April 1867 beglichen, für frühere Zahlungen aber 
ein Diskontabzug von 5 Prozent gestattet sein. Friesen brachte
	        
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