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es nun in meisterhafter Weise fertig, am 1. Nov. 1866 — der
erste Dritteltermin war auf den 31. Dez. anberaumt — schon
5 Millionen abzuzahlen, den Rest aber durch Aufnahme einer
Anleihe bis zum 7. Dez. zu begleichen. Somit stand dem Be-
suche des Königs und Kronprinzen nichts im Wege. Am 16. Dez.
fuhren beide nach Berlin ab; König Wilhelm war seinem Besuch
bis Jüterbog entgegengefahren und stieg hier in dessen Wagen,
in anerkennenswert taktvoller Weise die herzliche persönliche Ver-
ständigung dem feierlichen und offiziellen Empfange vorausschickend.
Als man im Anhalter Bahnhofe einfuhr, waren zum Empfange
alle Würdenträger der preußischen Krone unter Vorantritt Bis-
marcks versammelt, und dann wetteiferte die königliche Familie
darin, den Gästen den Aufenthalt angenehm zu machen. Wichtig
waren die Beziehungen, die sich damals zwischen dem sächsischen
Kronprinzen und Bismarck anspannen. Die dem preußischen
Staatsmanne nahestehende „Provinzial-Korrespondenz“ äußerte
sich am 19. Dez. über den Besuch und insbesondere über den
Kronprinzen in folgender anerkennender Weise — wie auch andere
maßgebliche Blätter sympathische Artikel brachten —: „Nicht min-
der werden die hohen Gäste durch ihren Aufenthalt in Berlin
den bestimmten Eindruck und die Überzeugung erhalten haben,
daß es der preußischen Politik fern liegt, dem sächsischen Fürsten-
hause und dem sächsischen Volke andere und schwerere Opfer zu-
zumuten, als das gemeinsame große Werk, zu welchem die Fürsten
und Völker Deutschlands jetzt verbündet sind, im Interesse Deutsch-
lands erfordert, und daß an maßgebender Stelle in Preußen
die klare Auffassung vorhanden ist, wie dies nationale Werk um
so sicherer gelingen wird, je mehr alle Beteiligten aus eigener
freier Überzeugung und Hingebung daran wirken. Daß dies
seitens des Königs Johann in vollem Maße der Fall sein
werde, daran lassen seine offenen und bestimmten Außerungen
keinen Zweifel zu; ebenso hat der Kronprinz von Sachsen
durch sein ganzes Auftreten den Eindruck hinterlassen, daß er
mit klarem und entschiedenem Bewußtsein die neue Stellung und
Aufgabe Sachsens an der Seite Preußens erfaßt hat und an
seinem Teile durchzuführen bereit ist.“ — —