Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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mand weniger begierig, die Hand nach dem kaiserlichen Diademe 
auszustrecken, wenn nicht eine allseitig anerkannte maßgebliche 
Machtstellung damit verbunden wäre, als König Wilhelm von 
Preußen. Was die Einigungsfrage anging, so war nur Baden 
von vornherein entschlossen, in die Verfassung des Norddeutschen 
Bundes einzutreten. In Hessen-Darmstadt war zwar ein Dalwigk 
noch am Ruder, aber dem Drucke der nationalen Stimmung und 
der gänzlich umgestalteten Verhältnisse konnte doch auch er sich 
nicht entziehen. Sein gleichgesinnter Kollege Varnbüler in Stutt— 
gart machte schon am 31. Aug. dem nationalgesinnten Freiherrn 
von Mittnacht Platz, dem der Kriegsminister von Suckow als 
entschiedener Freund des engsten Anschlusses sekundierte; auch 
brachten die Wahlen zur Kammer im Oktober eine volle Nieder- 
lage der partikularistischen Partei. So blieb einzig noch München 
als die feste Burg der partikularistischen und antipreußischen Be- 
strebungen. Der preußische Minister und Präsident der nord- 
dentschen Bundeskanzlei, Delbrück, den auf Wunsch des Königs 
Ludwig II. Bismarck Mitte September nach München entsandt 
hatte, verließ die bayrische Hauptstadt trotz der gleichzeitig in 
Wirkung getretenen Vermittlung des Königs Johann am 28. Sept. 
unverrichteter Sache, da die vielen dort verlangten Reservatrechte 
unmöglich mit einem ersprießlichen Zusammenschluß zu einer staat- 
lichen Einheit in Einklang gesetzt werden konnten. Da aber An- 
fang Oktober die badische Regierung ihren bedingungslosen An- 
schluß an die norddeutsche Bundesverfassung in Versailles hatte 
erklären lassen und die hessische und württembergische bald nach- 
folgten, so setzte sich Bayern einer bedenklichen Isolierung aus 
und entsandte am 20. Okt. zwei Bevollmächtigte zu Unterhand- 
lungen nach Versailles. 
Gerade von diesem Tage ist ein Schreiben des Königs Johann 
an den König Wilhelm datiert, in dem sich die treudeutsche Ge- 
sinnung des sächsischen Herrschers deutlich an den Tag legt: „Mit 
großem Interesse verfolge ich auch die Aussichten auf eine Ord- 
nung der gesammtteutschen Angelegenheiten, zu denen die Ver- 
handlungen mit den südteutschen Staaten Aussichten zu eröffnen 
scheinen. Mein innigster Wunsch ist es, daß es gelingen möge,
	        
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