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Zunächst währten seine Arbeiten bis zum 6. April. Die Thron-
rede, die der König selbst verlas, nahm natürlich auf die so
gänzlich veränderten Zeitereignisse Rücksicht und zeigte, wie völlig
auch er sich in die neue Zeitlage eingelebt hatte: „Seit Ich Sie
das letztemal um Mich versammelt sah,“ hieß es darin, „hat sich
die Weltlage wunderbar verändert. Der so unerwartet eingetretene
und so siegreich geführte Kampf, den Deutschland zu bestehen
hatte, ist nicht nur durch einen vorteilhaften und ruhmvollen
Frieden beendigt worden, sondern hat auch durch das brüderliche
Zusammenwirken der verschiedenen deutschen Stämme das Ge-
fühl der Zusammengehörigkeit erhöht, den Zutritt Süddeutsch-
lands zum Reiche herbeigeführt und durch Wiederherstellung der
dem deutschen Volke stets lieb und wert gebliebenen deutschen
Kaiserwürde eine neue Weihe gegeben.“ Als am 4. Dez. die
beiden königlichen Prinzen in der ersten Kammer erschienen, wur-
den sie hier auf das begeistertste begrüßt.
Die Kammer sah nicht dieselben Minister wieder. Nachdem
in den Tagen vom 9. Mai bis 8. Juni 1871 die Kirchen= und
Synodalordnung durch die Generalsynode einen erfreulichen Ab-
schluß unter Mitwirkung des Kultusministers von Falkenstein
erzielt hatte, nahm dieser, um das Unterrichtswesen und sonstige
Kulturarbeit im sächsischen Vaterlande hochverdiente Mann, der
1844—1847 Minister des Innern, seit 1853 Minister des Kultus
und öffentlichen Unterrichts gewesen war, nach Vollendung seines
70. Lebensjahres (geb. 15. Juni 1801) seinen Abschied. Die
Huld seines königlichen Herrn, der ihn ungern aus seinem Dienste
scheiden sah, machte ihn am 1. Okt. zum Minister des könig-
lichen Hauses. An seine Stelle trat durch Dekret vom 23. Sept.
der bisherige Professor der Leipziger Juristenfakultät, Karl von
Gerber, der in jener Synode schon den Vorsitz geführt hatte.
Auch im Justizministerium war eine Anderung vor sich gegangen.
Am 4. Sept. starb zu Pontresina in Graubünden, wo er Er-
holung suchte, der Minister R. Schneider, der 1866 an Behrs
Stelle getreten war. Wie erinnerlich, war er der Studienleiter
des Prinzen Albert in Bonn gewesen. An Stelle Schneiders trat
der Geh. Justizrat Ludwig Abeken.