Sachsen unter den Königen Albert (1873—1902)
und Georg (1902—1904).
Wenn die überschrift dieses Kapitels die beiden königlichen
Brüder zusammenfaßt, so dürfen dafür zwei wichtige Gründe vor-
gebracht werden. Erstens war die Regierung König Georgs rein
zeitlich genommen zu kurz, um einen eigenen Abschnitt für sich
banspruchen zu können, und dann bildete sie auch den Tatsachen
nach nur einen, und zwar, wie die Darstellung zu erhärten hat,
einen glücklich abschließenden Epilog zu der Regierung des un-
vergeßlichen Königs Albert. Man darf im Anschluß daran wohl
sagen, daß für das Sachsenland des 19. Jahrhunderts und seine
Regentengeschichte das alte Jahrhundert erst mit dem Tode König
Georgs abschloß, das neue Jahrhundert aber mit dem Regierungs-
antritte König Friedrich Augusts III. einsetzte.
Freilich wird diese ein reichliches Menschenalter umfassende
Periode keine so eingehende Darstellung finden können, wie die
bisher behandelten und zugleich wird sie in den meisten Punkten
eines vorsichtigeren Urteils bedürfen. Denn noch liegen viele
Dinge nicht so weit hinter uns, um auch von einer möglichst ob-
jektiven Geschichtschreibung völlig sine ira et studio betrachtet
und geschildert werden zu können. Ferner aber fehlt es an um-
fassenden Vorarbeiten, die sich auf eine eingehendere Benutzung
der Archive stützen, wie eine solche z. B. in dem rühmlichst be-
kannten Buche Paul Hassels über König Alberts Jugendjahre
und Kronprinzenzeit vorliegt. Noch fehlen ferner Memoirenwerke,
welche einen Blick hinter die Kulissen gestatten und über Per-
sonen und persönliche Triebfedern unmittelbar Aufschluß geben
oder wenigstens überzeugende Vermutungen gestatten. Auf den
beschränkten zu Gebote stehenden Raum darf nebenbei auch auf-
merksam gemacht werden. — —
In das Exemplar der sächsischen Verfassungsurkunde, das
einst König Johann seinem ältesten Sohne in die Hand gab,
schrieb er die schönen Worte: „Halte sie fest gegen jedermann,