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anderem Namen und anderer Schriftleitung erschien, so beruhigte
sich am 20. Mai auch die zweite Kammer. Dagegen machte die erste
Kammer am 7. Febr. einen weiteren von der zweiten Kammer eben-
falls am 5. Dez. gefaßten Beschluß zu dem ihrigen: „die Königl.
Staatsregierung zu ersuchen, daß dieselbe den durch Dekret vom
4. Okt. 1845 dem damaligen Landtage vorgelegenen, damals jedoch
unerledigt gebliebenen Entwurf eines Regulativs wegen Ausübung
der weltlichen Hoheitsrechte über die katholische Kirche im König-
reich Sachsen unter Berücksichtigung der seitdem eingetretenen
Anderungen einschlagender Verhältnisse einer Umarbeitung unter-
werfe und den neuen Entwurf als Gesetzentwurf spätestens dem
nächsten Landtage vorlege.“ Dieser Antrag wurde mit allen gegen
eine Stimme angenommen für den Antrag stimmte in namentlicher
Abstimmung auch Prinz Georg.
Dieser Anregung entsprach die Regierung, indem sie am
30. März 1876 der Kammer einen Gesetzentwurf betr. die Aus-
übung des staatlichen Oberaufsichtsrechts über die katholische Kirche
vorlegte. Der Entwurf ging von dem Satze aus, daß keine kirch-
liche Verordnung den Staatsgesetzen widersprechen dürfe; was
etwa widerspricht, ist als nicht vorhanden, d. h. als rechtsungültig
anzusehen. Alle über das streng kirchliche oder religiöse Gebiet
hinausgreifenden gegen Leib, Vermögen, bürgerliche Ehre usw.
gerichteten Zwangsmittel sind unstatthaft und ziehen dem, der sie
verhängt, Entziehung seines Gehalts, event. Suspension zu. Nur
deutsche und auf deutschen Lehranstalten gebildete Geistliche sind
anstellbar. Bestimmungen über das Plazet und über Orden fanden
genaue Präzision. Leider wurde dieser Entwurf, der in fast 40
Paragraphen genau dasselbe anstrebte, was die preußische Mai-
gesetzgebung der Falkschen Ara sich zum Ziel gesetzt hatte, in
der durch die Konservativen und die Fortschrittspartei be-
herrschten Deputationsberatung abgeschwächt. Z. B. wurde das
Plazet der Regierung darangegeben für Verordnungen katho-
lischer Behörden, die nur „innere Angelegenheiten“ beträfe, ohne
daß eine genaue Präzisierung des Begriffs „innere Angelegen-
heiten“ erfolgt wäre; auch fehlte die Strafandrohung für Fälle, in
denen das Plazet mißachtet und umgangen würde. Gerade das
Sturmhoefel, Geschichte der sächsischen Lande. II. 34