— 532 —
Einfluß, der durch die entgegenkommende Politik der Reichsregie—
rung der katholischen Kirche eingeräumt wurde, nahe, durch engeren
Zusammenschluß auch ihre Kräfte zu sammeln. Somit beschloß
u. a. die Meißner Kirchenkonferenz am 18. Mai 1900 einstimmig
eine Resolution, in welcher die Landessynode ersucht wurde, beim
Kirchenregiment dahin zu wirken, daß dasselbe einen Zusammen-
schluß der deutschen evangelischen Landeskirchen zur Wahrung und
Förderung der allen gemeinsamen Angelegenheiten in die Wege
leiten helfe. Freilich wurde dabei sehr kräftig betont, daß die volle
Selbständigkeit der einzelnen Landeskirchen durch solchen Zusam-
menschluß nicht berührt werden dürfe, und der Gedanke einer
Nationalkirche mit Reichssynoden u. dgl. sei durchaus abzuweisen.
Dieser Beschluß wurde übrigens auf der Maikonferenz des nächsten
Jahres wiederholt. Außerdem forderte diese Synode einstimmig
am 2. Mai 1901 zur Unterstützung der bekanntlich in Böhmen in
Gang gekommenen „Los-von-Rom“-Bewegung auf. Sie befand
sich freilich dabei in einem großen Irrtum, wenn sie dieser Be-
wegung jeden politischen Charakter absprach. In dem Widerstande
gegen Roms Macht wirkte überdies nach wie vor in stiller Arbeit
der Gustav-Adolf-Verein, der am 12. Sept. 1882 zu Leipzig seine
50 jährige Jubelfeier zur selben Zeit beging, als in Frankfurt a. M.
die General-Versammlung deutscher Katholiken tagte. Das An-
denken an den großen Schwedenkönig wurde noch besonders wieder
wachgerufen durch die Feier seines 300 jährigen Geburtstages, die
am 9. Dezember 1894 in den evangelischen Kirchen und Schulen
ganz Deutschlands würdig begangen wurde. Die Stimmung des
ultramontanen Teiles des deutschen Volkes bei dieser Feier spie-
gelte sich in einer Außerung des Zentrumsabgeordneten Gröber im
Reichstage wieder, der am 9. Jan. 1895 sagte: „Den Katholiken
würde es dann erspart bleiben, sich dagegen zu wehren, daß ein
Mordbrenner, ein schwedischer Franktireur hier in Deutschland
verherrlicht wird, wie wir es im letzten Monat haben erleben
müssen.“ — Noch größere Begeisterung in evangelischen Kreisen,
aber auch entsprechend größere Opposition in streng ultramontanen,
erweckte die 400 jährige Feier von Luthers Geburtstag am 10. Nov.
1884. Allenthalben fanden kirchliche, akademische und Schul-Fest-