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über die durch die Finanzwirtschaft des Reiches herbeigeführten
Schwankungen in den einzelnen Staatshaushalten. Trotzdem
werde man mit der Verbesserung des Eisenbahnwesens und dem
weiteren Bau von Sekundärbahnen fortfahren. Freilich sei es
diesmal untunlich gewesen, die Überweisung eines Teiles der Ein-
nahme aus der Grundsteuer an die Schulverbände aufrecht zu
erhalten. Eine Erhöhung der Einkommensteuer wurde zwar
nicht als notwendig bezeichnet, dafür aber war schon 1892
vom Landtage die Aufnahme einer neuen Anleihe beschlossen
worden, und dementsprechend wurde Anfang 1894 zur öffentlichen
Zeichnung dieser Anleihe in der Höhe von 24 Millionen zu
3 Proz. aufgefordert. Die am 28. Febr. aufgelegten Listen er-
gaben eine vierfache Überzeichnung, ein Beweis einerseits für das
große Verrrauen des Publikums zu der gesunden Lage der sächsi-
schen Finanzen, anderseits aber auch für einen großen Über-
schuß an flussigem Kapital und für die Bevorzugung staatlicher
Renten gegenüber der Anlage in Industriewerken.
Die Eisenbahnfrage trat auf den folgenden Landtagen, nament-
lich auf denen von 1896—1898 zurück gegen die noch weiterhin
zu behandelnden Veränderungen des Wahlrechts und des Vereins-
rechtes. Sie trat aber wieder in den Vordergrund, als man in
Sachsen die Konkurrenz der nun ebenfalls vollständig verstaat-
lichten preußischen Bahnen stärker zu empfinden begann. Die
infolgedessen von mancher Seite angeregte Eisenbahngemeinschaft
mit Preußen, wie sie zwischen Baden und Hessen mit Preußen
zustande kam, fand jedoch in den leitenden Kreisen Sachsens
keinen Beifall. Wie die „Leipziger Zeitung“ am 10. Juli 1899
in einem offenbar inspirierten Artikel erklärte, müsse man an der
Überzeugung festhalten, „daß wir in Sachsen bei dem Übergang
der Bahnen auf das Reich oder bei einer Eisenbahngemeinschaft
mit dem führenden Bundesstaate uns weder einer so kulanten Ver-
waltung noch eines so dichten Eisenbahnnetzes, wie das jietzige
sächsische erfreuen würden, daß mit der Selbständigkeit unseres
Eisenbahnwesens auch der Lebensnerv unserer politischen Selb-
ständigkeit, unsere Leistungsfähigkeit als gesundes Mitglied des
großen deutschen Nationalstaates unterbunden würde.“ Im Ein-