Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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über die einseitige Bevorzugung der Landeshauptstadt hatten laut 
werden lassen. 
Eine Besserung trat auch für das Jahr 1901 nicht ein. In 
einer sehr bemerkenswerten Rede, die der Abgeordnete Gontard 
aus Leipzig auf der Generalversammlung des nationalen Landes- 
vereins für das Königreich Sachsen am 20. Mai 1901 hielt, führte 
er aus, daß sich die Eisenbahnrente für das Jahr 1900 nur 
noch auf 3¼ Proz. stellen werde, daß also, da augenblicklich die 
Eisenbahnschuld mit 3,62 Proz. zu verzinsen sei, der Staat 
zirka 0,4 Proz. zuzubüßen habe, d. h. also, da die Schuld 
696,6 Mill. Mark betrug, zirka 2,8 Mill. Mark jährlich. Um 
aus dieser Eisenbahnkalamität herauszukommen, gebe es vier 
Wege: die Betriebsgemeinschaft mit Preußen, bei der aber die 
Einzellandtage ihre Einwirkung auf die Eisenbahnfragen schwerlich 
würden geltend machen können; die Wiederaufnahme des Reichs- 
eisenbahnprojektes, das aber jetzt eher am Widerstande Preußens, 
als an dem der Mittelstaaten scheitern werde; die vertragsmäßige 
Regelung des Durchgangsverkehrs unter Vereinbarung eines 
gemeinsamen Eisenbahnrates ohne Vermittlung des Reichs, und 
endlich eine reichsgesetzliche Regelung des Tarifwesens mit 
Schaffung eines Reichseisenbahnrates. Die Folgezeit hat sich be- 
kanntlich 1907 für den letzten Vorschlag entschieden. 
Als am 14. Nov. 1901 der Landtag wieder eröffnet wurde, 
gab die Thronrede ein wenig erfreuliches allgemeines Bild von 
den Finanzen, ein spezialisiertes dann am 12. Dez. der Finanz- 
minister. Die Eisenbahnen hätten ungeachtet der günstigen Ver- 
kehrsentwickelung in dem Überschuß ein Manko von 338000 Mark 
in der letztvergangenen Periode gegen die vorangehende gezeigt. 
Die Matrikularbeiträge an das Reich verlangten für die Jahre 
1900/01 eine Mehrbelastung von rund 5451000 Mark und bei 
dem Rückgang der Einnahme gegenüber gesteigerten Ausgaben 
müsse man sich für die laufende Periode auf einen Ausfall von 
7370000 Mark gefaßt machen. Die zweite Kammer hatte zwar 
schon am 10. Dez. angesichts der auch von ihrer Deputation ge- 
schilderten Finanzlage einstimmig einen Aufschlag auf den Ein- 
kommensteuertarif von 25 Proz. genehmigt, aber die Stimmung
	        
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