Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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auf die preußische Eisenbahnverwaltung wegen unlauteren Wett- 
bewerbs; ja, sie verdichteten sich zu einem formellen Antrag an die 
Staatsregierung, diese möge 1. im Sinne des Art. 42 der Reichs- 
verfassung mit allen Mitteln darauf hinwirken, daß das mit Be- 
nachteiligung der gesamten deutschen Volkswirtschaft verbundene 
Befahren von Umwegen im Eisenbahngüterverkehr, wie es jetzt 
aus Rücksichten des Wettbewerbs zwischen deutschen Eisenbahn- 
verwaltungen stattfinde, abgestellt werde, und 2. demzufolge die 
in dieser Richtung mit der königl. preußischen Eisenbahnverwaltung 
eingeleiteten Verhandlungen mit aller Energie betreiben. Während 
nun die sächsische Presse in diese Klagen einstimmte und erneut 
behauptete, Preußen wolle Sachsen mürbe machen und zum An- 
schluß an seine Verwaltung zwingen, versicherte der neue Finanz- 
minister am 9. Mai in der zweiten Kammer, Sachsen lebe auf dem 
Gebiete der Eisenbahn mit allen Nachbarn in Frieden und Freund- 
schaft und ein Eisenbahnkrieg mit Preußen bestehe nicht. Er 
nahm ferner Preußen gegen den Vorwurf illoyalen Wettbewerbs 
entschieden in Schutz; zwischen der sächsischen und preußischen 
Eisenbahnverwaltung fände ein Wettbewerb nur innerhalb der er- 
laubten Grenzen statt. Aber gleichzeitig mußte der Minister doch 
mitteilen, daß wegen des Befahrens von Umwegen im Eisenbahn- 
güterverkehr Verhandlungen schwebten — und das war ja eben 
der wunde Punkt. Im übrigen betonte er nachdrücklich, daß 
Sachsen niemals seine Eisenbahnhoheit aufgeben werde, worauf 
auch ein Artikel der „Leipziger Zeitung“ zukam. — Um aber den 
Finanzen aufzuhelfen, mußte unbedingt etwas geschehen. Über 
die Mittel und Wege konnten anfänglich die Kammern nicht über- 
einkommen, so daß das sog. Einigungsverfahren eingeschlagen 
werden mußte. Man kam zu dem Resultate, dem am 29. Mai 
die erste, die zweite Kammer am 30. Mai beitrat, eine Erhöhung 
von 25 Proz. auf die Einkommensteuer zu legen mit Gültigkeits- 
beschränkung auf 4 Jahre ab 1. Jan. 1904. Ferner war be- 
schlossen worden: Aufrechterhaltung der Grundsteuer und der mit 
ihr zusammenhängenden Schuldotationen, sowie Annahme einer 
Ergänzungssteuer auf das von der Grundsteuer nicht betroffene 
Vermögen. Daß von dieser Vermögenssteuer das landwirtschaft- 
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