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gelehnt. Dieser Antrag wurde von der inzwischen gewachsenen
sozialdemokratischen Partei am 11. Jan. 1894 und am 10. Dez.
1895 wiederholt, fand aber das gleiche Schicksal. Erwähnenswert
sind noch die von sozialdemokratischer Seite ausgehenden An—
träge vom 9. Dez. 1885 auf Ausdehnung der staatlichen Feuer-
versicherung auf die Mobilien, und vom 30. Dez. desselben
Jahres auf Aufhebung des Schulgeldes und der Schulabgaben
für Volksschulen, was beides dann teils durch Besteuerung aller
steuerpflichtigen Gemeindemitglieder nach Maßgabe ihres Ein-
kommens, teils durch einen Beitrag aus der Staatskasse von
mindestens 8 Mill. Mark zu ersetzen sei, und auf unentgeltliche
Verabfolgung der Lehrmittel an die Schüler; beide Anträge wurden
ebenfalls abgelehnt, ebenso Bebels am 21. Jan. 1890 gestellter
Antrag auf Befreiung der im Staatsbetriebe beschäftigten Arbeiter
von der Zahlung der Kranken-, Alters= und Invaliditätsbeiträge.
Das Reichsgesetz vom 21. Okt. 1878 wider die gemeingefähr-
lichen Bestrebungen der Sozialdemokratie, richtiger vielleicht die
durch die beiden erwähnten Attentate Hödels am 11. Mai und
Nobilings am 2. Juni 1878 allenthalben gegen den Sozialismus
wachgerufene Stimmung, führte zwar im Dezember des genannten
Jahres in Mcerane und anderen größeren Fabrikorten, wo die
Sozialdemokratie bislang in den Kommunalvertretungen schon
das große Wort geführt hatte, zu ihrer Niederlage bei den Stadt-
verordnetenwahlen, dagegen gelang es ihr, in den um Leipzig
liegenden Ortschaften, Gohlis drei, in Reudnitz einen, in Volk-
marsdorf, Thonberg und Connewitz ihre gesamten Kandidaten,
sowohl unter den Angesessenen als den Unangesessenen, durch-
zubringen. Der Wahlbezirk Leipzig-Land war es auch, der mit
Zwickau-Land bei den Ersatzwahlen zur zweiten Kammer am
11. Sept. 1879 zwei Sozialdemokraten, den bekannten Agitator
Liebknecht und den Leipziger Rechtsanwalt Puttrich entsandte;
beide leisteten übrigens dann ohne Anstand den Eid der Treue
gegen König und Verfassung, wie ihn die letztere vorschreibt. Beie
der Ergänzungswahl vom 12. Juli 1881 erhielt u. a. auch Bebel
einen Sitz im Landtag und vermehrte so die Fraktion auf 4 Mit-
glieder. Der Sitz der sozialdemokratischen Agitation war Leipzig