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Einmütigkeit, mit der Sie dieser Gesetzesvorlage Ihre verfassungs-
mäßige Zustimmung erteilt haben, erfüllt Mich mit lebhafter Ge-
nugtuung und befestigt Mich in der Überzeugung, daß Meine
Regierung. indem sie der aus der Mitte der Volksvertretung her-
vorgegangenen Anregung folgte, einem auch in zahlreichen Be-
völkerungskreisen je länger je mehr empfundenen Bedürfnis Rech-
nung getragen hat.“ — Daß diese Worte selbst für die Regierungs-
kreise nur eine vorübergehende Richtigkeit bedeuteten, bewiesen die
allerdings erst nach dem Tode König Alberts auftauchenden Reform-
vorschläge der Regierung selbst; nachdem Mitte Juli 1903 das
„Dresdner Journal“ eine darauf bezügliche Veröffentlichung ge-
macht und die Berufung einer Abgeordnetenkonferenz in Aussicht
gestellt hatte, legte die Regierung am 7. Jan. 1904 dem Landtag
eine Denkschrift vor, die allerdings kein Entgegenkommen fand; sie
hat aber in der Folge zu dem vielbesprochenen und ebenso inter-
essanten wie komplizierten Reformprojekt des jetzigen Ministers
Grafen Hohental das Vorbild gegeben, das während der Landtags-
session 1907/08 zur Erledigung gebracht werden sollte. Zum Ver-
ständnis des letzteren darf in einigen großen Zügen auf die
Pläne von 1903/04 hingewiesen werden. Danach sollten 48 Ab-
geordnete durch Abteilungswahlen, 35 durch berufsständische
Wahlen in die zweite Kammer entsandt werden. Die Abteilungs-
wahlen werden in 16 durch das ganze Staatsgebiet ohne Unter-
schied von Stadt und Land gebildeten Wahlkreisen von jeder Ab-
teilung besonders vorgenommen. Es wählen unter Voraussetzung
der sächsischen Staatsangehörigkeit und bei vollendetem 25. Lebens-
jahre a) in der ersten Abteilung alle diejenigen, welche an Staats-,
Grund-, Einkommen= oder Ergänzungssteuer zusammen mindestens
300 Mark entrichten oder ein abgeschlossenes Hochschulstudium
hinter sich haben, b) in der zweiten Abteilung alle diejenigen,
welche in derselben Weise von 300 Mark abwärts bis 38 Mark
zahlen oder als Aquivalent die Berechtigung zum einjährig-frei-
willigen Dienst erworben haben, c) in der dritten Abteilung alle
übrigen, soweit sie überhaupt Staatssteuer entrichten. Die be-
rufsständischen Wahlen sollten dann in derselben Weise von den
Unternehmern der drei Hauptproduktivstände, also des Ackerbaues
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