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seinem Regierungsantritte vergangen, die ständische Verfassung
seines Landes mit Füßen getreten, durch sein Privatleben den
äußersten Anstoß erregt, kurz, alles getan, was in einem der
Revolution zugärenden Zeitalter jede Achtung vor dem gesetz-
lich angestammten Herrscher untergraben mußte. Schließlich war
nach langem, langem Verhandeln auf Antrag des Königs von
England Genugtuung seitens des Bundestags gefordert worden.
Nach den üblichen Weitschweifigkeiten ermannte sich dieser end-
lich zu der unglaublichen Energie, gegen den Herzog Karl die
Bundesexekution zu verfügen und mit dieser zweifelhaften Auf-
gabe Sachsen zu beauftragen. Zum Glücke beruhigte sich der
Sturm im Wasserglase durch das nunmehrige Nachgeben des un-
bändigen Herzogs im März 1830; die Revolution des Juli schlug
mit rascher Fernwirkung ihre Wogen auch nach Braunschweig
und vertrieb schon im September den verhaßten Herzog. Bei
den sich anschließenden Verhandlungen über die Nachfolge seines
Bruders Wilhelm fand sich Sachsen mit seiner sich an Osterreich
anschließenden Vertretung der Interessen des Herzogs Karl in
bewußtem Gegensatze zu Preußen.
Mittelbar brachte die Julirevolution auch die Zollvereins-
frage in Fluß. Im August 1830 gab die sächsische Regierung
an Preußen und Bayern die Erklärung ab, daß sie einer An-
näherung an einen der beiden Zollvereine unter gleichberechtigenden
Bedingungen nicht abgeneigt sein würde; die noch in Funktion
befindliche Kommerzdeputation, die durch acht Fabrikanten und
sechs Kaufleute vermehrt worden war, erklärte sich am 6. Dez.
1830 unbedingt für den Anschluß an Preußen. Sie vertrat da-
mit aber einen wichtigen und gerade hier interessierten Teil der
Bevölkerung gar nicht, nämlich die Leipziger Kaufmannschaft, die
für den Bestand der Messen, falls Preußen irgend wesentliche
Vergünstigungen nicht gewähre, nicht ohne Unrecht besorgt war.
Namentlich fürchtete man die Konkurrenz der Messe zu Frank-
furt a.O. Es ließ sich aber trotzdem die Regierung durch diesen
ja nie ganz auszugleichenden Gegensatz zwischen Schutzzoll und
Freihandel nicht abhalten, die Verhandlungen mit Preußen noch
vor Ende des Jahres 1830 wieder anzubahnen. König Anton
Sturmhoefel, Geschichte der sächsischen Lande. II. 4