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dem Verlangen nicht so leicht nachzukommen. Am 1. April be-
gann der Streit zwischen Krankenkasse und Ärzten in Leipzig;
sämtliche 233 Kassenärzte stellten die Arbeit ein. Die Regie-
rung, vertreten durch den Kreishauptmann von Ehrenstein, suchte
zu vermitteln; dabei kam es, weil der Vertreter der Regierung
nach Ansicht der Arzte mehr die Interessen der Krankenkassen als
die ihrigen betonte, zu heftigen Auseinandersetzungen. Schließlich
vermochten aber auch hier die Kassen die gesetzlich vorgeschriebene
Zahl von 75 Arzten, trotz Heranzugs auswärtiger, darunter
übrigens auch mancher zweifelhaften Kräfte, nicht heranzubringen.
Und so kam es am 6. Mai zu einer Beendigung des Konfliktes,
indem die Kassen die Verfügung der Kreishauptmannschaft über
Honorare, Wiedereinführung der Familienversicherung, freie Arzt-
wahl usw., die im wesentlichen den Anforderungen der Arzte
entsprach, annahmen. Dazu gehörte auch die Bestimmung, daß
die Zahl der Kassenärzte höchstens 375 für Leipzig betragen solle.
Gelegentlich der Eröffnung des Landtags am 9. Nov. 1899
stellte König Albert einen Gesetzentwurf in Aussicht, der die all-
gemeine obligatorische Krankenversicherung auch der häuslichen
Dienstboten unter Anlehnung an die reichsgesetzliche Kranken-
versicherung zum Zweck habe. Dem ist nur insofern entsprochen
worden, als die Aufnahme auch der Dienstboten in die Orts-
krankenkasse ermöglicht wurde. Aber außerdem bildeten sich in
größeren Städten die durch das Gesetz freigelassenen privaten
Versicherungen der Dienstherrschaften, die sich in außerordent-
licher Weise bewährt haben und vor allem das Vertrauen
der Dienstboten genießen. Gleichermaßen ist, wie auch in Bayern,
Württemberg und Baden, in Sachsen der Krankenversicherungs-
zwang für land= und forstwirtschaftliche Arbeiter durchgeführt
worden, während die eben erwähnten Versicherungen für Preußen
noch fehlen.
Bei den vielfachen Versuchen der Sozialdemokratie, das Heer
mit ihren zerstörenden Grundsätzen anzustecken, war es von Wesen-
heit, da natürlich der aktive Soldat, als unter der straffen Disziplin
der Heeresorganisation stehend, sich als kein bequemes Objekt der
Verführung bietet, die Kriegervereine zu gewinnen, die sich im