Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

— 648 — 
Indem wir andere Industrien übergehen, blühte in Sachsen 
im Anschluß an den Mineralreichtum die chemische Industrie 
empor. Die großen Steinkohlenlager geben das Material für die 
in allen Städten und auch in größeren Dörfern vorhandenen Gas- 
anstalten. Die ersten Versuche, die bei der Steinkohlenverbrennung 
sich schon deutlich zeigenden brennbaren Gase zu Beleuchtungs- 
zwecken auszunutzen, machte, wenn auch im kleinen, im Jahre 
1811 der Hüttenbeamte Lampadius in Freiberg. In Dresden 
konstrnierte dann R. Blochmann 1820 die erste Gaslaterne; 1825 
erhielt er die Erlaubnis zur probemäßigen Beleuchtung eines 
Saales im königlichen Schlosse, die so glänzend ausfiel, daß ihm 
die völlige Ausführung seines Projektes definitiv übertragen 
wurde. Die öffentliche Straßenbeleuchtung durch Gas datiert aber 
in Sachsen vom 28. April 1828, wo bei der Illumination zu Ehren 
der Geburt des Prinzen Albert in der Residenzstadt zum ersten 
Male Gasflammen brannten. Die sämtlichen sächsischen Gas- 
anstalten, soweit sie bis 1902 eingerichtet wurden, sind also wäh- 
rend der Lebenszeit König Alberts entstanden. In Leipzig währte 
die Olbeleuchtung noch bis 4. Sept. 1838, an welchem Tage die 
vor dem Halleschen Tore errichtete Gasanstalt die Gasversorgung 
der Stadt begann. Der Gasverbrauch wuchs nun stetig, nament- 
lich da Gas außer zu Beleuchtungs= auch zu Küchen= und Heizungs- 
zwecken und zur Betreibung kleinerer Motoren verwandt wurde. 
In Leipzig wurden beispielsweise 1838 von 4. Sept. ab 24000 chm 
Gas, 1840: 308000 chm, 1870: 4890000 und 1901: 
25116900 chm abgegeben, und die Gesamtlänge des städtischen 
Gasrohrnetzes betrug im gleichen Jahre 365.521 m, eine Strecke, 
die beinahe der Entfernung von Leipzig nach Frankfurt a. M. 
entspricht. — Bekanntlich bleibt als Residuum bei der Gas- 
erzeugung der Steinkohlenteer, den man früher als ziemlich wert- 
los ansah, bis die Chemie in ihm eine Fülle von wertvollen 
Stoffen entdeckte, außer Benzol, Naphthalin, Anthrazen, Karbol- 
säure, wie sie die Teerproduktenfabrik zu Niederau bei Meißen 
herstellt und teils zur Fabrikation von Anilin und Alizarin be- 
nutzt, auch die Stoffe zu allerhand Wohlgerüchen, die allent- 
halben in den Parfümfabriken zur Erzeugung gelangen. Da-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.