Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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Bei dieser sind viele Frauen und Kinder beschäftigt; sie teilt 
sich in die Herstellung von Darmsaiten, in deren Überspinnen 
mit leonischem Draht und in die Verfertigung von Guitarresaiten 
aus Seide. Man berechnet die jährliche Produktion auf ungefähr 
100 000 Schock. Zur Verwendung gelangen Schafdärme, die aus 
aller Herren Ländern kommen, die feinsten und dünnsten aus 
Dänemark, weil dort meist Lämmer geschlachtet werden. Natürlich 
müssen diese Därme erst einem Reinigungs-, Trocken= und Spalte- 
verfahren unterzogen werden. Soweit Holz für die Holzinstru- 
mente gebraucht wird, werden einheimisches Tannenholz, Ahorn 
aus Tirol, aber auch auswärtige Hölzer, wie Buchsbaum vom 
Kaukasus, Ebenholz, Grenadill-= und Jakarandaholz= Mahagoni- 
und Schlangenholz aus den Tropengegenden Afrikas und Ame- 
rikas, für die Klarinettenblätter Rohr aus Südfrankreich und 
Spanien verwandt. Die Fiedelbogen werden mit Pferdehaaren 
aus Rußland und aus den Pampas Südamerikas bezogen. Zu 
den Metallinstrumenten liefert Auerhammer Argentan (Neusilber) 
und Grüntal Kupfer. — Eine besondere Art von Musikwerken, 
die in sich ein ganzes Orchester vereinigten und durch ein Uhr- 
werk getrieben wurden, wurde in der von Paul Ehrlich 1877 
begründeten „Fabrik Leipziger Musikwerke“ zu Gohlis bei Leipzig 
hergestellt, und diese hatte so großen Absatz, daß noch eine Reihe 
anderer Fabriken der Art in und bei Leipzig entstanden, z. B. die 
Polyphonwerke zu Wahren. Aber das Publikum verlor mit der 
Zeit den Geschmack an diesem mechanischen Ohrenschmaus, den 
jeder beliebige durch Einwurf eines Zehners in Aktion versetzen 
konnte, und so wurden diese Unternehmungen notleidend und 
mußten sich anderen Fabrikationen widmen. Neuerdings sind 
an Stelle jener Musikgetösemaschinen die auch nicht viel erfreu- 
licheren Phonographen, Grammophone usw. getreten. 
Wenn der soeben behandelte Erwerbszweig wenigstens teil- 
weise sich auf den Holzreichtum des Erzgebirges stützte, so gilt dies 
in noch weit höherem Grade von der sächsischen Holzindustrie, 
besonders aber von den Bautischlereien und Möbelfabriken. Auch 
auf diesen Gebieten äußert der steigende Volkswohlstand seinen 
Einfluß. Denn in jeder etwas besseren Wohnung muß ein par-
	        
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