Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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diese am 19. Febr., kurz vor Ankunft eines Zuges zusammenstürzte 
und mit ihren riesigen Trümmern das Strombett versperte, ganz 
wie ein gewaltiger Felssturz am 23. Juli 1877 bei Wehlen die 
Elbschiffahrt eine Zeitlang hemmte. Dagegen sind durch mensch- 
liches Verschulden, namentlich was Eisenbahnbetrieb anlangt, 
wenige Unglücksfälle vorgekommen; nur am 19. Sept. 1895 kamen 
durch falsche Weichenstellung in der Nähe von Oderan eine große 
Anzahl Soldaten, die soeben vom Manöver heimkehrten und nun 
bald in die Heimat entlassen werden sollten, ums Leben. — — 
Schon im Mai 1900 hatte den König bei einem Aufenthalte 
in Sibyllenort dasselbe Übel, das ihn im Februar 1894 vorüber- 
gehend heimgesucht hatte, ernstlich auf das Krankenlager geworfen. 
Langsam erholte er sich zwar wieder. So konnte er im September 
des Jahres sich noch am 350 jährigen Jubiläum der Fürstenschule 
in Grimma beteiligen, die er vor neun Jahren mit hatte ein- 
weihen helfen. Auch kam er Ende Februar 1902 noch einmal nach 
Leipzig. Aber alle Welt merkte, wie schwer es ihm wurde zu stehen 
und Treppen zu steigen. Auch auf die Teilnahme an Paraden 
und Manövern mußte er verzichten, vor allem auf die ihm so 
sehr am Herzen liegende Jagd, wennschon er sich noch hier und da 
auf den Anstand fahren ließ. Ein wie großes Opfer gerade König 
Albert damit auferlegt wurde, wußte jeder, der seine Leidenschaft 
für die Jagd kannte. Wenn der hohe Jagdherr aus diesen Tagen 
der Entsagung neun bis zehn Jahre zurückrechnete, so kam er bei 
jenem 19. Okt. 1892 an, an dem er auf Grillenburger Revier bei 
Tharandt seinen 1000. Hirsch geschossen hatte. Natürlich mußten 
bei diesem Kräftezustand alle größeren Empfänge und Hoffestlich- 
keiten unterbleiben. Aber nach wie vor blieb, wenn auch sein 
körperliches Auge, das sonst in so klarer und milder Bläue er- 
strahlte, matt wurde, sein geistiges Auge scharf, und seine Arbeits- 
kraft zeigte kaum geringe Abnahme. Im Mai 1902 ging der 
König, wie früher jedes Jahr, nach dem ihm so lieb gewordenen 
Sibyllenort. Dort trat in der Nacht zum 5. Juni ein so heftiger 
Anfall seines Leidens ein, daß ihm die Sterbesakramente gereicht 
wurden. Aber wenn auch noch diesmal der Todesengel vom 
Schmerzenslager des Königs wich — das sächsische Volk wußte
	        
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