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an ihm einen verständnisvollen Gönner, der den Fortschritten
auf allen Gebieten mit aufmerksamstem Auge gefolgt war und,
selbst einer von denen, die Geschichte machen, besonders gern sich
mit historischer Literatur beschäftigt hatte. Wie beklagte Sachsens
Künstlerschaft, die sich recht eigentlich unter der taktvoll fördern-
den Anteilnahme des königlichen Paares und des Prinzen Georg
erst entwickelt und eine allgemein gültige Bedeutung genommen
hatte, den Hingang des Mediceers auf Sachsens Thron! Und
Bürger und Bauer und Arbeiter — sie alle wußten, daß ihres
Königs Herz warm für sie geschlagen, und hatten gelernt, zu ihm
wie zu einem gütigen Vater emporzublicken. Gerade vom sächsischen
Arbeiter galt dies, so sehr auch auf ihn die Sozialdemokratie Ein-
fluß gewonnen hatte, wie dies sich bei einem der letzten Aufent-
halte des Königs in Chemnitz durch den ihm auch in den Arbeiter-
vierteln gewordenen warmen Empfang erwies. Wen mußte da
die schlichte Außerung des hierüber hocherfreuten Königs nicht
in tiefstem Herzen rühren: „Ich glaube, die Leute haben im
Grunde gar nichts gegen Mich!“ Wann hätte man auch trotz
aller sozialistischen und anarchistischen Umtriebe von einem An-
schlag auf dieses milde Herrscherhaupt gehört! Und so ward das
Sachsenland in jenen Tagen des Schmerzes eine einzige große
Trauergemeinde, die im Angesichte des Verlustes auch dessen Größe
erst richtig zu würdigen lernte. Alle die liebenswürdigen Züge,
die König Albert als Menschen ausgezeichnet hatten, seine natür-
liche Leutseligkeit, sein gütiges Herz und seine milde Hand, seine
Neigung zu einem fröhlichen Scherz und sein Verständnis für
die heiteren Seiten des Lebens ebenso wie für die ernsten — alles
das trat dem sächsischen Volke in seiner ganzen anziehenden Kraft
wieder vor die Seele. Und vor allem: er war doch jeder Zoll
ein König gewesen, als kriegserfahrener Führer des Schwertes,
als oberster Richter, als väterlicher Leiter und weiser Berater
seines Volkes. Von ihm galt, was Jean Paul in seinem Er-
ziehungswerke Levana von einem echten Fürsten verlangt: „Das
Ideal in der Kunst, Größe in der Ruhe darzustellen, sei das Ideal
auf dem Throne.“ Wohl verstand er es, ein geborener Herrscher,
in ruhigem Wirken die stille Größe seines Königtums allen zum