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moderner Richtung in Dresden lief. Als, wie erwähnt, König
Georg das Kuratorium in die Hände seines zweiten Sohnes legte,
lehrten an der Akademie noch Joh. Schilling als Altmeister der
Plastik, Robert Diez, der an Stelle des 1891 verstorbenen Ernst
Hähnel getreten war, Paul Wallot, an Stelle von Konstantin Lipsius
berufen, der Erbauer des deutschen Reichstagsgebäudes und neuer—
dings des Ständehauses zu Dresden, Hermann Prell, der be-
deutendste Monumentalmaler unserer Zeit, Gotthard Kuehl als
namhafter Vertreter der modernen Richtung in der Schöpfung
von Genre= und sonstigen Innenraumbildern, Karl Bantzer, der
neben Pohle und dann ihn ersetzend die Leitung des Malsaales
übernahm, u. a. m. Daß sich eine solche Ausgestaltung ver-
schiedenster Richtungen und Anschauungen, die sich in dem reich
entwickelten Künstlerleben nicht nur Dresdens (Sascha Schneider),
sondern auch Leipzigs (Max Klinger, Seffner, Magr usw.) kund-
gab, nur ermöglichte unter einer verständnisvollen, nicht regle-
mentierenden, sondern nur mit weiser Hand fördernden Oberleitung,
ist eine durch das Kuratorium des Prinzen Georg bewiesene Tat-
sache. Dieselben Eigenschaften bewies er auch als Vorsitzender
der zum Ankauf von Gemälden für die Königliche Galerie ein-
gesetzten Kommission. — Als König Georg in den Tagen vom
4. bis 7. Nov. 1902 in Leipzig weilte, galt der größte Teil der
dort verbrachten Zeit der Universität. Diese hatte am 2. Dez.
1859 gelegentlich ihres 450 jährigen Jubiläums, wie den da-
maligen Prinzen Albert zum Dr. jur., so ihn durch den Mund
ihres derzeitigen Rektors v. Wächter zum Dr. philosophiae pro-
klamiert. Am 7. Juli 1902 war auf ihn die Würde des Bruders
als Rector Magnificentissimus übergegangen. Zur selben Zeit
übernahm der König Georg das Protektorat über die Königl.
Sächs. Gesellschaft der Wissenschaften.
Ehe wir aber in der Erzählung der Ereignisse während der
kurzen Regierungszeit König Georgs fortfahren, werfen wir einen
Blick auf seine persönlichen und seine Familienverhältnisse, soweit
diese nicht schon im bisherigen Zusammenhange berührt worden
sind. Nach Beendigung seiner vorerwähnten Studien an der Uni-
versität Bonn, der er während des Winters 1849/50 und im
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