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der damalige Kultusminister von Seydewitz erklären, daß die
sächsischen Stimmen gegen die Aufhebung des § 2 abgegeben
worden seien, und daß die sächsische Regierung der Meinung sei,
daß auch durch die Aufhebung des § 2 die erwähnte Bestimmung
des § 56 Abs. 2 der Verf.-Urkunde nicht berührt werde. Es sei
ganz natürlich, daß sich die sächsischen Minister, die sämtlich
evangelischen Bekenntnisses seien und das Bekenntnis der großen
Mehrheit des sächsischen Volkes teilten, gegen die Aufhebung des
§2 erklärt hätten. — Was aber diese Eröffnung des Ministers
ganz besonders wertvoll machte, war der Zusatz, daß dieses Vor-
gehen der Minister auch die volle Zustimmung des Königs ge-
habt habe. Ganz richtig schloß der Minister seine Rede, daß
dieses Verhalten des Königs den tief empfundenen und auf-
richtigen Dank des sächsischen Volkes verdiene. — — —
In bei weitem höheren Grade als die anderen Mit-
glieder des Königlichen Hauses nahm Kronprinz Friedrich
August und die Ausgestaltung seines Lebensschicksals die Anteil-
nahme des sächsischen Volkes für sich in Anspruch. Geboren als
viertes Kind, aber als erster Sohn des Prinzen Georg und seiner
Gemahlin am 25. Mai 1865 abends ½10 Uhr, hatte er seine
ersten und lebhaftesten Eindrücke politisch-militärischer Natur am
11. Juli 1871 erhalten, als er von der Tribüne auf dem Neu-
markte zu Dresden den Truppeneinzug unter Führung des
Oheims und Vaters mitanschauen konnte. Nach altem, im sächsi-
schen Königshause geübtem Brauche trat er mit vollendetem
12. Lebensjahre in die Armee ein, und zwar als Leutnant beim
1. (Leib-)Grenadier-Regiment Nr. 100. Als solcher stand er
zum ersten Male in der Front bei der großen Parade, die am
19. Juni 1878 zur Feier des silbernen Ehejubiläums des Königs-
paares auf dem Alaunplatze in Dresden abgehalten wurde, und
vier Jahre später bei der südlich von Riesa am 15. Sept. 1882
stattfindenden Kaiserparade; es war diese die letzte über säch-
sische Truppen von Kaiser Wilhelm I. abgehaltene Parade, der
sich vom 17. bis 20. Sept. ebenfalls vor den Augen des alten
Kaisers umfängliche Manöver im Vogtlande anschlossen. Am
Ende der Parade erhielt der Prinz aus den Händen des Kaisers