Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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Jahres 1903. Während der körperliche und seelische Zustand des 
Königs durch Krankheit und das so völlig ungeahnt über ihn 
hereinbrechende Leid zu ernster Sorge Veranlassung gab, erkrankte 
der gerade neun Jahre gewordene Prinz Friedrich Christian am 
1. Febr. 1903 am Typhus, eine die Tragik der ganzen Lage noch ver- 
schärfende Schicksalsfügung. Auch ohne die Pflege der Mutter 
gelang es, der zum Glück nicht bösartig auftretenden Krankheit 
Herr zu werden. Damit war dem inzwischen auch einer sichtlichen 
Besserung entgegengehenden König wenigstens eine schwere Sorge 
genommen, und er konnte die von den Arzten ihm dringend an- 
geratene Reise nach dem Süden am 17. März antreten. Am selben 
Tage aber erschien noch Kaiser Wilhelm zu kurzem Besuche in 
Dresden, um in seiner hochherzigen Weise dem tief getroffenen 
Könige, dessen Familienleben bisher ein vorbildliches gewesen war, 
Trost und Mut einzusprechen: „Zugleich versichere Ich, daß, wie 
der Wettiner Freud' und Leid stets auch der Hohenzollern Freud' 
und Leid ist, Ich ebenso fühle, wie Ew. Majestät und Mein ganzes 
Volk mit Mir.“ 
Vom Tage seiner Abreise datierte ein Erlaß des Königs, 
den man mit einem neuerdings beliebt gewordenen Ausdruck als 
Flucht in die Offentlichkeit bezeichnen könnte, wenn er nicht richtiger 
ein Appell an die Vernunft zu nennen wäre. Es ist dies ein 
ebensosehr für den Verfasser als für das adressierte sächsische Volk 
und die ganze damalige Lage und Stimmung äußerst charakteristi- 
sches Dokument. „In Begriff, zur Erholung nach langer ernster 
Krankheit in den Süden zu reisen, drängt es Mich noch einmal, 
allen denen, welche bei Gelegenheit des schweren Unglücks, welches 
über Mich und Meine Familie hereingebrochen ist, Mir herzliche 
Beweise der Teilnahme gegeben haben, von ganzem Herzen zu 
danken. Mit diesem Ausdruck des Dankes verbinde Ich den Aus- 
druck der zuversichtlichen Hoffnung, daß die Unruhe und Auf- 
regung, welche sich infolge der betrübenden Vorgänge des ver- 
gangenen Winters weiterer Kreise der Bevölkerung bemächtigt 
haben, endlich der Ruhe und dem früheren Vertrauen Platz machen 
werden. — Glaubet nicht denen, die Euch vorstellen, daß hinter 
all dem Unglücklichen, das Uns betroffen hat, nur geheimnisvoller
	        
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