Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

— 76 — 
der Zeit durch rechtzeitiges Ergreifen der gesetzgeberischen Ini- 
tiative entgegenkam und sich dann in den folgenden Jahren diesen 
Ruhm bewahrte, so läßt sich für die 40er Jahre das Hervortreten 
der Überzeugung, nun genug getan zu haben, und eines gewissen 
Ruhe= und sogar Reaktionsbedürfnisses nicht verkennen. Hierzu 
kamen zeitweilige Perioden des Zwiespaltes zwischen den Kam- 
mern und zwischen diesen und der Regierung. 
Es ist schon früher auf gewisse, mit der Zeit unhaltbare 
Mängel der sächsischen Verfassung hingewiesen worden. Dahin 
gehörte das Überwiegen der ländlichen Vertretung in den Kam- 
mern. Sie war zweckmäßig, solange es sich um die Ordnung 
der bäuerlichen Verhältnisse, Fronden und anderer Servitute han- 
delte. Sobald aber der Ausschwung in Handel und Industrie 
infolge des Zutrittes zum Zollverein sich mit Macht bemerklich 
machte, vermißte man schmerzlich eine entsprechende Vertretung 
nach dieser Richtung. Deswegen war es eine sehr merkwürdige 
Ansicht, die der leitende Minister von Könneritz im Beginn des 
fünften Landtags vom Jahre 1845/46 aussprach, daß eine Fort- 
bildung der Verfassung deren historischer Entstehung widerstreite, 
und daß die Verfassung selbst eine dem Zeitbewußtsein nach- 
gebende Entwicklung überhaupt nicht gestatte. Es zeigte sich 
dies schon in formellen Fragen, wie in der der sog. Adressen- 
frage. In anderen Volksvertretungen war es Sitte, auf die 
Thron= oder Eröffnungsrede seitens des Landesherrn oder der 
Regierung mit einer Adresse zu antworten, die entweder die Zu- 
stimmung zu dem aufgestellten Programm oder Zusätze, vielleicht 
auch Opposition, jedenfalls aber doch eine Kritik enthielt. Bei 
dem ersten sächsischen konstitutionellen Landtage hatte man an 
eine solche Adresse gar nicht gedacht, auf dem zweiten von 1837 
wurde wenigstens die Idee dazu angeregt, auf dem dritten nahm 
sie an Stärke zu, um schließlich auf dem Landtag von 1845/46 
mit ungewöhnlicher Energie hervorzutreten. Sie scheiterte aber 
daran, daß die erste Kammer, die hier zum ersten Male prinzipiell 
ihre Zustimmung zu einer Adresse gegeben hatte, an dem immer- 
hin sehr maßvoll gehaltenen Entwurf der zweiten Kammer wesent- 
liche, den Zweck der Sache durchkreuzende Anderungen vornahm.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.