Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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Es zeigte sich überhaupt in der Haltung der ersten Kammer 
ein beabsichtigter Gegensatz zu dem anderen Hause. Man glaubte, 
namentlich in der Grundsteuerreform, Entgegenkommen genug ge- 
zeigt zu haben, und bemühte sich auch gelegentlich, im Widerspruch 
mit dem Geiste der Verfassung eine ritterschaftliche Sonderstellung 
durchzusetzen. Beispielsweise veranlaßte die erste Kammer auf dem 
Landtage von 1842/43 die Wiedereinbringung eines von der Re- 
gierung 1832 zurückgewiesenen Gesetzentwurfs für die Begründung 
eines ritterschaftlichen Kreditvereins mit staatlicher Unterstützung zu 
gegenseitiger Kreditleistung und Tilgung der auf den Rittergütern 
lastenden Hypothekenschulden. Von dieser Einrichtung sollte aber 
der Bauernstand ausgeschlossen sein, trotz der verfassungsmäßig 
ausgesprochenen Gleichberechtigung aller Stände. Es war dies zu- 
gleich ein Zeichen, daß die Regierung ihre Beziehungen zur Ritter- 
schaft in Opposition zur zweiten Kammer enger zu knüpfen versuchte. 
So konnte es nicht als wunderbar angesehen werden, wenn 
sich entgegen der früher gerühmten Parteilosigkeit schon 1838 
eine, wenn auch kleine liberale Opposition zeigte, die zu Zeiten 
gegen die Regierungsvorlagen bewußt Stellung nahm. Es waren 
zunächst nur zwei Vertreter des Vogtlandes, der Bürgermeister 
K. Todt aus Adorf und der Rechtsanwalt von Dieskau aus 
Plauen. Aber schon auf dem nächsten Landtage erschienen ihrer 
mehr, noch mehr auf dem der Jahre 1842/43 und dann be- 
sonders 1845/46. Eine maßgebliche Stelle nahm unter diesen 
Leuten der an von Dieskaus Stelle getretene Rechtsanwalt Karl 
Braun ein; mit ihm sind zu nennen der Fabrikant Georgi aus 
Mylau, der früher schon durch sein politisches Schriftstellertum be- 
kannte von Watzdorf, der hervorragende Buchhändler H. Brock- 
haus aus Leipzig. Sie traten zunächst in der Adressenfrage her- 
vor und betonten gegenüber von Lindenaus abweichender Ansicht, 
daß auch die zweite Kammer allein, ohne die erste zu befragen, 
ein Recht auf Erlaß einer Adresse an den König habe. Es kamen 
aber sehr bald andere und wichtigere Dinge zur Sprache, die 
von dieser Seite des Hauses eine andere Behandlung und Be- 
leuchtung erfuhren, als der Regierung unter den damaligen Zeit- 
umständen lieb war. · « «
	        
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