Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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dem Hofprediger Ammon auch gerügt, daß protestantische Sol- 
daten beim Fronleichnamsfest und anderen Gelegenheiten in die 
katholische Hofkirche kommandiert und zur Kniebeuge vor dem 
Allerheiligsten gezwungen worden waren. Der Kriegsminister von 
Nostitz-Wallwitz suchte das zwar als einen Akt der Ehrerbietung 
gegen das königliche Haus hinzustellen, aber der Wegfall dieses 
Gebrauchs wurde doch beschlossen, namentlich da in der ersten 
Kammer in einsichtiger Weise Prinz Johann erklärt hatte, er 
werde für den Wegfall seine Stimme abgeben. Nun aber glaubte 
man, namentlich da sich, und zwar anscheinend ohne Vorwissen 
der Regierung, zu Brauna bei Camenz entgegen der ausdrücklichen 
Bestimmung des § 56 der Verfassung eine Filiale der Pariser, 
mit den Jesuiten eng zusammenhängenden Erzbrüderschaft „vom 
unbefleckten Herzen Mariä zur Bekehrung der Sünder“ nieder- 
gelassen hatte, und aus anderen Anzeichen schließen zu müssen, 
daß die Jesuiten sich auf Umwegen ins Land zu schleichen be- 
gännen. Hierzu kam die zunächst außersächsische, bald aber nach 
Sachsen verpflanzte Bewegung des Deutschkatholizismus, hervor- 
gerufen durch die berüchtigte Ausstellung des sog. ungenähten 
Rockes Jesu Christi zu Trier im Jahre 1844. In Sachsen lag 
ja zunächst irgend ein Bedürfnis, sich von der katholischen Kirche 
abzusondern, gar nicht vor; für einen verständigen Menschen ergab 
sich viel eher der ÜUbertritt zum Protestantismus. Aber die Unklar- 
heit auf diesem Gebiete bewies sich beispielsweise in umgekehrter 
Art in dem Üübertritte der protestantischen Gemeinde Gelenau 
zum Deutschkatholizismus, weil ihr der vom Patron zugewiesene 
Prediger nicht paßte. 
An die Spitze der deutschkatholischen Bewegung in Sachsen 
setzte sich ein in vieler Beziehung merkwürdiger Mann, der am 
10. Nov. 1807 zu Köln in dürftigen Verhältnissen geborene 
Robert Blum. Er hatte sich eine gewisse Bildung angeeignet, 
trat als Theaterdiener zu Köln in den Dienst des Direktor Ringel- 
hardt und folgte diesem 1831 als Theatersekretär und kassierer 
nach Leipzig, wo er mehr Muße für seine Fortbildung und sogar 
für literarische Betätigung fand. Bald trat er in Beziehung zu 
den Liberalen Leipzigs und zeichnete sich in ihrem Kreise durch 
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