Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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eine augenfällige rednerische Begabung aus, die er aber auch 
öffentlich bei den Jahresfesten des von ihm 1840 begründeten 
Leipziger Schillervereins zeigte. Als der Deutschkatholizismus 
ins Leben trat, begründete er zu Leipzig eine solche Gemeinde 
und spielte auch eine hervorragende Rolle auf dem am 22. März 
1845 zu Leipzig abgehaltenen ersten deutschkatholischen Konzil. 
Hier fixierte man ein Glaubensbekenntnis, das dem protestantischen 
sehr ähnlich war; in der Liturgie blieb man unter Beseitigung 
des äußeren Pompes der römischen Agende nahe, rücksichtlich der 
Kirchenverfassung erklärte sich das Konzil für die Prsbyterial- 
und Synodalverfassung, also für eine aus den Gemeinden selbst 
vom Staate unabhängige Verwaltung. Doch nicht dieses Be- 
kenntnis wurde von den deutschkatholischen Gemeinden beim Mi- 
nisterium zur Bestätigung und Begutachtung eingereicht, sondern 
ein nach Lehre und Verfassung erweitertes, vom August 1845, 
dem gegenüber das Ministerium sich zuwartend verhielt, indem 
es zwar der Gemeindebildung keine weiteren Schwierigkeiten in 
den Weg legte, aber öffentlichen Gottesdienst und den Privat- 
gottesdienst in Gemeindelokalen verbot und auch den Geistlichen, 
da die Deutschkatholiken ja erst durch Landtagsentscheidung sich 
die gesetzliche Anerkennung erwerben mußten, rechtsverbindliche 
Amtshandlungen, wie z. B. Trauungen, untersagte; die Gemeinde- 
mitglieder wurden hierfür an die protestantischen Pfarrer gewiesen. 
Die rechtliche Stellung der Deutschkatholiken bildete demzufolge 
einen Gegenstand der Verhandlungen des Landtags von 1845/46. 
Die Regierung empfahl in ihrer Vorlage, die Sache als noch im 
Flusse befindlich zu behandeln, was auch den Tatsachen entsprach, 
und ein Interimistikum anzunehmen. Die zweite Kammer ver- 
langte die Anerkennung als einer gleichberechtigten christlichen 
Konfession, die erste Kammer trat mit einigen Einschränkungen 
dem Regierungsantrage bei. Schließlich kam am 17. Juni 1846 
nichts weiter heraus als eine Duldungsakte. Die fernere Ent- 
wicklung des Deutschkatholizismus aber ging unter in den Stürmen 
der Revolution von 1848/49. 
Aber auch in der evangelischen Kirche hatte eine neue Be- 
wegung eingesetzt. Daß ein frischeres Leben in ihr zu pulsieren
	        
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