Full text: Das Erzgebirge in Vorzeit, Vergangenheit und Gegenwart.

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Gegenüber dem Wohnhause, auf der rechten Seite des Hofes 
lagen die Pferde- oder Ochsenställe mit den Räumen für Aufbewahrung 
der Geschirre, dem Schuppen für Wagen- und Ackergeräthe. Unter 
diesem Gebäude befand sich der Milchkeller. 
Die Rückseite des Hofes wurde durch die Scheune gebildet, welche 
quer vor lag. 
Diese allgemeine Anordnung des Einzelhofes, welche sich bis in 
die neueste Zeit erhalten hat, bestand schon lange vor Tacitus, denn 
der Grieche Pytheas aus Massilien erwähnt schon drei Jahrhunderte 
v. Chr. das Vorhandensein von Häusern, Ställen und Scheunen in 
den norddeutschen Dörfern und die ältesten germanischen Gesetze nennen 
Wohnhaus, Ställe, Scheunen und Schuppen (Schoppen), sowie das 
Aufstellen des Getreides in Feimen (Vimmen). 
Mit dem Vordringen ins Gebirge wurde der Lehmbau auf— 
gegeben, schon weil der dazu nöthige fette Lehm nicht mehr gefunden 
wurde. Dafür kam der Steinbau des Erdgeschosses in Anwendung, 
und diesem wurde durch fränkischen und thüringischen Einfluß ein 
Stockwerk mit Fachwänden aufgesetzt. Der Charakter des fränkischen 
und thüringischen Bauernhofes ist auf dem Erzgebirge vorwiegend 
geworden. Während das westphälische und niedersächsische, oder über- 
haupt norddeutsche Bauernhaus alles unter einem Dache vereinigt. — 
Wohnstube mit Kammer, Küche mit Heerd, Knecht= und Mägdekammer, 
Kuhstall, Kälberstall, Pferdestall, Schirrkammer u. s. w. und diese 
Räume um die gleichzeitig als Dreschtenne dienende Diehle (Dehle 
oder Tenne) vereinigt, trennt die thüringisch-fränkische Anlage schon 
das Wohnhaus mit dem Stall von der Scheune, und der Hof ver- 
einigt eine regelmäßig wiederkehrende Anzahl von Gebäuden zu einem 
geschlossenen, nur durch Thorweg und Pforte zugängigem Ganzen. 
Mosch“) beschreibt den erzgebirgischen Bauernhof: „Von hier an 
„(oberhalb Dippoldiswalde) sind die Bauerngüter mit wenigen 
„Ausnahmen sämmtlich von Holz, nur selten der Stall von Bruch- 
„steinen. Die Wohnstube ist größtentheils aus aufeinandergelegten 
„ Balken erbaut, und von innen getäfelt, welche Bauart als trocken 
„und warm sehr geliebt ist. Der obere Theil des Hauses ist aber 
„zwischen den Balken mit Sprossenwerk, um welches Leimen geschlagen 
„und dieser mit Kalk beworfen ist. Die Diächer sind durchgängig 
„von Stroh und werden bei ihrer Anlage gekämmt und unten glatt 
„abgehackt, so daß man ihre Stärke von 12 bis 16 Zoll (28 bis 
„39 cem) beobachten kann. — Jedes Bauerngut besteht immer, wie 
*) Sachsen, historisch- EM*“ statistisch 2c. von Dr. C. F. Mos 
Dresden und Leipzig. 1806. S. J ch,
	        
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