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geschickt, verträglich und bieder, genügsam und bescheiden, zutraulich
und vertrauensvoll. Ein geregeltes und christliches Familienleben ist
dem Aermsten im Gebirge Bedürfniß: er ist in den kleinsten Ver—
hältnissen zufrieden und das Verhältniß zwischen Arbeitgeber und
Arbeitnehmer ist in der Hauptsache ein weit besseres wie in vielen
anderen Industriegegenden. Rechtlichkeit und Geschicklichkeit unterstützen
den stark ausgeprägten Sinn für Erwerb.
Ein fröhlicher Mutterwitz, eine naive Schalkheit durchdringt das
Gespräch des Gebirgers, wenn er einmal ins Reden gekommen ist,
und treffliche Gedanken kann man aus dem Munde der einfachsten
Leute hören. Der Gebirger ist heiter und vergnügt und schüttelt auch
gern einmal die ihn bedrückenden Sorgen ab; er widmet gern den
Sonntags-Nachmittag und Abend seiner Erheiterung. Mit rührendem,
naivem Selbstvergessen giebt er sich frei und offen den Eindrücken
freudiger Stimmungen und Augenblicke hin. Man muß aber betonen,
daß Ausbrüche der Rohheit, der Trunksucht und der Rauferei selbst
an den Vergnügungsorten der untersten Klassen ganz entschieden zu
den Seltenheiten gehören.
Der Erzgebirger ist gesellig, gesprächig, neugierig; nur gegen
Fremdes mißtrauisch und gegen Neuerungen eigensinnig verschlossen,
nicht aus Beschränktheit, sondern weil seine Vertrauensseligkeit mannig-
fach gemißbraucht worden ist.
Der äußere Wohlstand, welchen alle Orte zeigen, die netten
Häuser, hellen Fensterscheiben und frischen Blumen, die große Sauber-
keit und nicht selten Zierlichkeit, das lebensfrohe und frische Aussehen
des Ganzen läßt freilich nicht immer den Blick in das Innere der
ärmlichen Verhältnisse eindringen. Das frühzeitige Heirathen und
Selbständigmachen hat mancherlei Gutes, in der Hauptsache aber
wohl noch mehr Nachtheiliges im Gefolge. Nicht selten vermögen
nur der ausdauerndste Fleiß und die anspruchsloseste Genügsamkeit
über die schwersten Nahrungssorgen hinwegzubringen. Fehlt dem ober-
erzgebirgischen Arbeiter Energie und Thatkraft, so liegt das in der
Beschäftigungsweise, der mangelhaften Ernährung, dem eng begrenzten
Wirkungskreise und der Ueberzeugung mit der Hände Arbeit trotz
allen Fleißes und aller Ausdauer nicht vorwärts zu kommen. Er
hängt eben starr an alten Gewohnheiten und siecht lieber an der her-
gebrachten Arbeit dahin, als eine andere zu ergreifen. Die erz-
gebirgische Gemüthlichkeit ist eigentlich nur ein dünner Schleier, um
hinter dem Scheine von Annehmlichkeit und Behagen den Mangel an
Thatkraft zu verdecken. Es fehlt nicht an Zähigkeit und Ausdauer,
aber an Schnellkraft und Thatkraft.
Wahrhaft rührend ist die Anhänglichkeit der Gebirgsbewohner